Wokewashing – es ist nicht alles bunt, was leuchtet!
Juni ist wie jedes Jahr Pride Month und aktuell finden in vielen Städten Regenbogenparaden statt, um ein Zeichen für die Rechte von LGBTIQIA+ Menschen (Abkürzung der englischen Wörter Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer, Intersexual und Asexual) zu setzen. Und auch überall auf Social Media und in der Werbung findet sich momentan die Regenbogenflagge, nicht nur in Logos, sondern auch in Beiträgen und Kampagnen.
Immer mehr Unternehmen verkünden öffentlich ihr Engagement für Diversität und Gleichberechtigung von marginalisierten Gruppen. Den Pride Month und seine Anliegen zu thematisieren gilt als „woke“, also als aufgeklärt und am Zahn der Zeit. Doch was hat es damit auf sich? Und vor allem: ist auch wirklich überall Pride drin, wo Pride draufsteht…?
Die Ursprünge
Seinen Ursprung hat der Pride Month im Juni 1969 in New York. Dort kam es im Stonewall Inn, einer beliebten Gay Bar, immer wieder zu Razzien durch die Polizei. Gewalt, Verhaftungen und Anklagen wegen Homosexualität waren an der Tagesordnung. Dabei war das Stonewall Inn für viele Menschen der LGBTQIA+ Gemeinschaft der einzige Ort, an dem sie sich einigermaßen geschützt fühlten.
Die Bürgerinnen* fingen an, sich gegen die Polizeiwillkür zu wehren und es kam zu Aufständen. Proteste und Demonstrationen gegen die Diskriminierung folgten und die Idee des Pride Month war geboren. Bald darauf etablierte sich die bunte Regenbogenflagge als Erkennungszeichen der Community. Die Regenbogenflagge wurde übrigens 1978 vom amerikanischen Künstler Gilbert Baker für die Community entworfen.
Bis heute wird der Pride Month jedes Jahr im Juni gefeiert – als Erinnerung an die Opfer und um ein Zeichen zu setzen für Toleranz.
Pride Month als Marketingkniff?
In den letzten Jahren haben immer mehr Marketingabteilungen von Unternehmen das Potential solcher Aktionen für sich entdeckt. Viele Unternehmen bekunden ihre Solidarität mit der LGBTQIA+ Gemeinschaft und werben aktiv damit für ihre Produkte und Dienstleistungen. Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Durch die Werbung wird Reichweite für das Thema generiert und es findet dadurch zunehmend Eingang in den öffentlichen Diskurs. So weit so gut.
Problematisch wird es allerdings, wenn es sich dabei ausschließlich um Marketingaktionen ohne substanziellen Hintergrund handelt. Dann werden auf dem Nacken der LGBTQIA+ Gemeinschaft Gewinne gemacht, ohne dass das Unternehmen wirklich dahinterstehen würde. Deshalb müssen wir über das Phänomen „wokewashing“ reden.
“Wokewashing”
Von „wokewashing“ sprechen wir, wenn Strategien und Aktionen zum Einsatz kommen, um die mediale Präsenz rund um aktuelle gesellschaftliche Themen wie etwa aktuell den Pride Month, auszunutzen. Die Toleranz wird nicht wirklich gelebt, sondern ist Mittel zum Zweck. Für den Rest des Jahres ist das Thema dann entweder gar nicht mehr relevant oder im schlimmeren Fall: es kommt eventuell sogar zu gegenläufigen Äußerungen und/oder Aktionen, die die Themen des Pride Month unterlaufen.
Was wir alle tun können
Egal, ob es um Konsum oder die nächste Investitionsentscheidung geht: Schaut euch die Unternehmen genau an, die ihr mit eurem Geld supporten wollt. Denn immer dran denken: Ein Kassenzettel funktioniert im Grunde wie ein Stimmzettel!
Recherchiert also, was diese Unternehmen sonst so treiben, wenn gerade kein Pride Month ist.
Gibt es eine Kluft zwischen Worten und Taten? Z. B. fragwürdige politische Positionierungen? Homophobe Äußerungen? Andere Unstimmigkeiten? Ihr könnt überprüfen, ob das Unternehmen aktiv und kontinuierlich Chancengleichheit lebt: Gibt es z. B. im Unternehmen ein Inklusionsprogramm, das allen die gleichen Chancen garantiert?
Es gibt den Fall eines großen italienischen Modeunternehmens, das ebenfalls Kampagnen zum Pride Month gelauncht hat. Gleichzeitig haben sich die Firmengründer in der Vergangenheit mehrfach homophob geäußert. Versucht also unbedingt auf das „bigger picture“ zu achten. Ihr könnt zum Beispiel die News-Suche diverser Suchmaschinen nutzen, um euch einen Überblick zu verschaffen, mit welchen Meldungen ein Unternehmen in der Vergangenheit in den Schlagzeilen war. Dies kann euch als Anhaltspunkt dienen.
Braucht es denn überhaupt noch einen Pride Month?
Wir sagen: Ganz klar JA!
Warum?
In Anlehnung an die Bewegung rund um den Pride Month haben rechte Gruppierungen das Motto gekapert und propagieren unter dem Ausspruch „Schwarz rot gold ist bunt genug“ offen diskriminierende, homophobe und rassistische Ansichten…
Die österreichischen Behörden haben laut eigenen Angaben einen geplanten Anschlag auf die Regenbogenparade in Wien am 17.06.2023 vereitelt. Der Anschlag war mit Messern und Fahrzeugen geplant. LGBTQIA+ Menschen stellen leider immer noch ein „intensives Feinbild“ für viele Menschen dar, so der Chef der Landespolizei Wien.
Und Menschen fragen, warum wir noch Regenbogenparaden brauchen…
Also geht hin, macht mit, unterstützt, seid Verbündete…Wir sind mehr!🌈🌈🌈
*Wegen der besseren Lesbarkeit benutzen wir nur die weibliche Form. Alle anderen Menschen sind explizit mitgemeint.
Ja, einen Pride Month brauchen wir nach wie vor! Homophones Denken und Tun sind in unserer Gesellschaft und weltweit noch tief verankert!!!!!
Guter Artikel, danke!
Liebe Ute,
wir sind ganz deiner Meinung!!
Vielen Dank für dein Feedback. Wir sind mehr!
Liebe Grüße
Dein 3f-Team