“Wer stark ist, muss auch gut sein.”
Dieses Zitat von Pippi Langstrumpf ermahnt uns an unsere soziale Verantwortung. Wer stark ist, muss die Schwachen beschützen. Ben Parker, Onkel von Spider-Man Peter Parker, hat es ähnlich gesagt: “Aus großer Kraft folgt große Verantwortung.”
Einerseits finde ich diese Sätze fantastisch, weil sie uns daran erinnern, dass etwas nicht automatisch richtig ist, nur weil es möglich ist. Es sollte nicht das Recht des Stärkeren gelten – heutzutage eher das Recht des Reicheren – sondern die Gerechtigkeit, die Vernunft, das Mitgefühl.
Gleichzeitig wirken die Zitate auf mich wie ein erhobener Zeigefinger: “Wenn du stark bist, MUSST du gut sein, und wenn du das nicht bist, bist du automatisch ein schlechter Mensch.”
Ich schlage vor, die Sätze etwas zu verändern. Pippi könnte sagen: “(Nur) wer stark ist, kann es sich leisten, gut zu sein.”
Natürlich kann sich auch der Unterlegene moralisch korrekt verhalten. Aber es ist deutlich einfacher, sich moralisch korrekt zu verhalten, wenn man nicht auf die Gnade des Gegenübers angewiesen ist. Kannst du es dir wirklich leisten, den Job bei deinem sch*** Chef zu kündigen, wenn du das Gehalt brauchst, um deine Miete zu zahlen? Ehrlich gesagt – wenn es wirklich eng wird, würde ich definitiv einiges von meiner Moral aufgeben, wenn es z.B. um das Dach über dem Kopf meiner Nichte geht.
Lass uns noch einen Schritt weitergehen und sagen: Wenn ich gut sein will, dann ist es hilfreich, ausreichend Geld zu haben. Damit bin ich nicht nur in der Lage, moralisch die Oberhand zu behalten, sondern kann aktiv zu einer besseren Welt beitragen.
Jetzt sagt mir meine innere Stimme: Geld alleine macht nicht glücklich. Ich brauche doch nicht viel, um ein glückliches Leben zu führen.
Geld alleine macht nicht glücklich, das stimmt. Aber niemand zwingt mich, nur weil ich Geld habe, dieses für Unsinn wie eine goldene Klobrille auszugeben. Und es gibt eine ganze Menge anderer Dinge, die mich glücklich machen und für die es hilfreich ist, Geld zu haben.
Mit Geld – und der Sicherheit, dass ich auch im nächsten halben Jahr genug Geld haben werde – kann ich:
- meinem Sohn die Klassenfahrt bezahlen.
- weniger arbeiten, und stattdessen mehr Zeit mit dem verbringen, was mich glücklich macht. Zum Beispiel mit Freunden und Familie feiern. Oder ein Buch schreiben. Oder in der Sonne liegen und dösen..
- Ausflüge mache. In Erlebnisse zu investieren macht nachhaltiger glücklich als Investitionen in Dinge. Ich kann reisen. Endlich diese Fahrt mit dem Heißluftballon machen, von der ich schon so lange träume. Die Karten für das nächste Beyoncé-Konzert sind nicht mehr unerreichbar teuer. Und diese Erlebnisse kann ich in meiner Erinnerung beliebig oft wieder erleben!
- andere Leute an meinem Glück teilhaben lassen. Egal, ob das die klassische Spende ist, das Sparkonto für das Patenkind, oder einfach ein spontaner Blumenstrauß für jemanden, der es nicht erwartet.
Wer Geld hat, sitzt am längeren Hebel, denn Geld ist Macht. Und diese Macht können wir für genau das nutzen, was wir für sinnvoll erachten. Darum sage ich: Verdammt, ja, ich will eigenständig sein! Und deswegen kümmere ich mich um meine Finanzen.
Hallo Claudia,
dem stimme ich zu – ergänzend habe ich mir schon öfter die Frage gestellt, ob man danach streben sollte einen ‚sinnstiftenden Job‘ zu haben, oder ob die Diskussion darum Luxus ist und man statt dessen den Job nicht überbewerten sollte und mit dem Gehalt ‚sinnvoll‘ leben sollte (wofür/wie gebe ich mein Geld aus). Was meinst du? LG
Liebe Frauke,
vielen Dank für den Kommentar! Eine sehr spannende Frage, der auch in die Richtung des “effektiven Altruismus” geht (https://de.wikipedia.org/wiki/Effektiver_Altruismus) – was kann ich tun, um den größtmöglichen Positiven effekt zu haben?
Ich denke, in puncto Job ist auch die Frage: Was ist für mich überhaupt ein sinnstiftender Job? Das kann sein, dass ich Kinderarmut bekämpfe. Oder Minderheiten schütze. Das kann auch sein, dass ich die Mitarbeiter in meinem Unternehmen weiterbilde und motiviere. Oder dem Kunden eine möglichst gute Dienstleistung bringe. Und vielleicht bedeutet das für mich auch, dass ich einen Job habe, der mir einen sicheren Lebensunterhalt finanziert.
Für jeden Menschen ist “sinnstiftend” unterschiedlich. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass wir herausfinden, was das für uns selber bedeutet. Und dann können wir schauen, welche anderen Kriterien wir an unseren Job haben (Gehalt, Sicherheit, Standort, Entwicklungsmöglichkeiten…) und wie wir die beste Kombination dieser verschiedenen Kriterien erreichen können – mit der Gewichtung, die wir persönlich diesen Kriterien geben.
Liebe Grüße, Claudia