Überversichert und unterversorgt?! Du und deine Versicherungen

Deutschland ist ein Land mit starker Neigung zur “Unsicherheitsvermeidung”, wenn man dem renommierten Kulturwissenschaftler Geert Hofstede Glauben schenken will.

Und wie kann man Unsicherheit vermeiden? Na klar, mit Versicherungen! Möglichst viele und möglichst viele verschiedene, denn sicher ist sicher, oder nicht?

An Versicherungen mangelt es den Deutschen in der Regel nicht, nur was wir im Laufe unseres Lebens so alles abschließen, da kann man schon mal den Überblick verlieren.

Heute zeigen wir dir, welche Versicherungen sinnvoll sind und welche du kündigen oder gar nicht erst abschließen solltest.

Warum überhaupt versichern?

Als Faustregel gilt: Du solltest alle Risiken absichern, die deine Existenz finanziell bedrohen würden: der Verlust deiner Arbeitskraft, ein von dir verursachter Schaden in Millionenhöhe, oder sogar dein eigener Tod oder der deiner Partnerin*. Denke dabei an alle, die von dir abhängig sind (Partnerin, Kinder, Tiere,…) und überprüfe deine Versicherungssituation IMMER, wenn sich deine Lebensumstände ändern (z. B. neue Partnerschaft/Ehe, Trennung, Kinder, Zusammenziehen,…)

Die Basics

Ob du willst oder nicht, es gibt Versicherungen, die musst du haben. Die Krankenversicherung ist in Deutschland zum Beispiel Pflicht. Du kannst dir zwar die Krankenkasse aussuchen, aber du musst zwingend eine Krankenversicherung haben. Neben der grundlegenden Wahl zwischen gesetzlicher und privater Krankenkasse unterscheiden sich die Anbieter u. a. in der Höhe der Zusatzbeiträge, die sie verlangen, in den Sonderleistungen[1], die sie anbieten und in der Kostenübernahme für bestimmte Leistungen. Vergleichen kann sich also für dich lohnen.

Auch die Kfz-Haftpflicht ist zum Beispiel so eine Versicherung. Wenn du mit Auto am Straßenverkehr teilnehmen willst, musst du – genau wie alle anderen – für Schäden, die du möglicherweise verursachst, versichert sein. Bei Kfz-Versicherungen lohnt es sich, jährlich die Tarife zu überprüfen und ggfalls bei deiner aktuellen Versicherung nach einer Tarifumstellung zu fragen.

Die Must-haves

Zusätzlich sind wir der Meinung, dass folgende Versicherungen jede von euch haben sollte:

Die private Haftpflichtversicherung

Die private Haftpflichtversicherung ist immer und für jede sinnvoll, da jeder Mensch gesetzlich dazu verpflichtet ist, für alle von ihr verursachten Schäden mit ihrem gesamten Privatvermögen aufzukommen. Und das kann sehr schnell sehr teuer werden. Also, definitiv abschließen, falls noch nicht geschehen! Achte darauf, dass die Versicherung mindestens für 10 Millionen Euro haftet. Solltest du Kinder unter 7 Jahren haben, achte außerdem darauf, dass deine Haftpflicht eine Deliktunfähigkeitsklausel beinhaltet. Kinder unter 7 Jahren (im Straßenverkehr unter 10 Jahren) gelten als deliktunfähig, da sie noch nicht die volle Verantwortung für ihr Handeln tragen können. Richtet dein deliktunfähiges Kind einen Schaden an, zahlt die Privathaftpflicht normalerweise nicht. Eltern bezahlen solche Schäden oft aus eigener Tasche, um persönliche Beziehungen nicht unnötig zu belasten. Eine Deliktunfähigkeitsklausel kann solche Situationen vermeiden, da die private Haftpflicht dann doch haftet.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung ist für jede sinnvoll, die von ihrem Einkommen lebt. Ein Unfall oder eine (schwere) Krankheit kann dich in große finanzielle Schwierigkeiten bringen. Am besten schließt du diese Versicherung so früh wie möglich ab, um bei den Gesundheitsfragen möglichst gut abzuschneiden. Vorerkrankungen können zu Ausschlussklauseln oder gar zur Ablehnung führen. Für die Gesundheitsprüfung sind Diagnosen der letzten 5-10 Jahre relevant.

Achtung: auch eine Mutter-Kind-Kur („Fanden Krankenhaus- oder Kuraufenthalte statt?“) kann zu einem „Malus“ führen, wenn etwa die behandelnde Ärztin die Maßnahme mit physischer oder psychischer Überlastung begründete.

Übrigens: Du kannst schon für Kinder ab 10 Jahren eine Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen.

Die Nice-to-haves

Es gibt Versicherungen, die vielleicht nicht zwingend nötig sind, dich aber besser schlafen lassen. Zum Beispiel eine Hausratversicherung. Diese erstattet dir im Schadenfall deine Möbel, Elektrogeräte und alle anderen Wertgegenstände, die in deinem Haushalt sind. Die Versicherungssumme sollte daher dem Wert deines Hausrats entsprechen.

Auch die Rechtsschutzversicherung kann dir im Ernstfall gute Dienste leisten. Sie schützt dich vor den oft sehr hohen Kosten eines Rechtsstreits.

Eine Krankentagegeldversicherung kann auch sinnvoll sein. Sie zahlt einen vereinbarten Betrag, um Dein fehlendes Einkommen auszugleichen, wenn Du länger als 6 Wochen krankgeschrieben bist. So kannst du deine (mögliche) Lücke zwischen gesetzlichem Krankengeld und deinem Nettoeinkommen schließen. Hier solltest du zumindest wissen, wie groß deine Lücke wäre und ob du mit dem gesetzlichen Krankengeld deinen Lebensunterhalt bestreiten könntest.

Die „Wichtigtuer“

Handyversicherung, Brillenversicherung, Ausbildungsversicherung, Reisegepäckversicherung…es gibt sie wie Sand am Meer. Die Wichtigtuer unter den Versicherungen. Natürlich können manche davon im Einzelfall sinnvoll sein. Für die meisten Menschen sind die Risiken, die sie abdecken aber zu gering, als dass es sich lohnen würde, die Verantwortung aus der eigenen Hand und in die Versicherungsgemeinschaft zu geben.

Du bist unsicher?

Wenn du das Thema „Versicherungen“ nun angehen möchtest, aber es dir alleine (noch) nicht zutraust, dann kannst du dir natürlich immer Hilfe holen!

Wir empfehlen dir, eine unabhängige Beratung einer Versicherungsberaterin in Anspruch zu nehmen oder bei einer Verbraucherschutzzentrale deinen Versicherungsstatus prüfen zu lassen. So kannst du dir sicher sein, dass dir keine Produkte aufgeschwatzt werden, sondern dein individueller Bedarf eruiert und versichert wird.

 

 

Außerdem kannst du dich hier weiter informieren:

 

https://www.finanztip.de/berufsunfaehigkeitsversicherung/

https://www.finanztip.de/krankenversicherung/

https://www.finanztip.de/kfz-versicherung/

 

*Wegen der besseren Lesbarkeit benutzen wir nur die weibliche Form. Alle anderen Menschen sind explizit mitgemeint.

[1] Z.B. übernehmen manche Krankenkassen neuerdings die Kosten für Schlaf- und Entspannungsapps für Kinder

 

 

 
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One Reply to “Überversichert und unterversorgt?! Du und deine Versicherungen”

  1. Anke

    Sehr interessanter und vor allem wichtiger Beitrag, liebe Claudia!

    Hinsichtlich unabhängiger Beratung zu allen möglichen Versicherungen (+ auch Altervorsorge) möchte ich hier noch den Bund der Versicherten e. V. erwähnen – ein Verein, der bereits seit 40 Jahren besteht, so tolle Arbeit leistet, aber den tatsächlich noch viel zu wenige kennen.

    Zur Transparenz: ich arbeite selbst seit April dort und bin sehr begeistert 😉

    Liebe Grüße
    Anke

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