Pride und Profit: Finanzielle Herausforderungen für LGBTQI+

Gedankenreise: Nehmen wir mal an, eine Feministin wurde in den 1950er Jahren eingefroren und wird nun wieder aufgetaut. Sie ist begeistert: „Wow, die zweitstärkste Partei Deutschlands hat eine lesbische Frau an ihrer Spitze, die gemeinsam mit ihrer Lebenspartnerin Kinder großzieht, wie fortschrittlich!“… und du darfst ihr erklären, dass der Schein sowas von trügt und die Partei genau das Gegenteil will: traditionelle (binäre) Geschlechterrollen, Weltoffenheit Fehlanzeige und erst recht sind sie kein safe space für die queere Community.

Wir feiern kleine Erfolge, aber bis LGBTQI+[1] (lesbian, gay, bisexual, transgender, queer, intersex, + steht für weitere Geschlechtsidentitäten) in der Gesellschaft wirklich akzeptiert sind, wird es wohl noch dauern.

Warum uns LGBTQI+ gesamtgesellschaftlich interessieren sollte!

In den 1980ern noch als Pink Dollar bekannt, ist der Markt der LGBTQI+ Community heute noch immer eine Nische. Und damit verpassen wir als globale Volkswirtschaft ganz schön viel! Wenn man die Community als Wirtschaftskraft sehen würde, wäre sie die drittgrößte der Welt!🤯 Das kann sich sehen lassen! Wobei die Zahl sogar noch größer sein könnte, denn das Problem ist das Outing und damit verbundene Vorurteile und Diskriminierung. Geschätzt hat die queere Community jedoch eine jährliche Kaufkraft von satten 3,9 Billionen US-Dollar und macht ca. 10 % der globalen Bevölkerung aus.[2]

Diskriminierung in Zahlen

Diskriminierung der LGBTQI+ Community lauert an jeder Ecke und das hinterlässt Spuren: so verlassen LGBTQI+ Schüler*innen die Schule statistisch gesehen oft früher und ohne Abschluss als ihre Mitschüler*innen und das wirkt sich auf ihre Weiterbildungsmöglichkeiten und ihr Gehalt aus. Am schlimmsten leiden Transgender Personen unter Armutsgefährdung sowie Menschen die von mehr als einer Diskriminierungsform betroffen sind (z. B. die Kombi sexuelle Orientierung und Hautfarbe) haben es schwieriger (Black Transgender Menschen haben eine doppelt so große Wahrscheinlichkeit in extremer Armut zu leben als Transgender anderer Ethnicities).[3] Laut Finanzdienstleister Bankrate verdient eine nicht-queere Arbeitskraft in den USA $1. Im Vergleich dazu verdient:

    • eine LGBTQI+ Arbeitskraft mit asiatischem/pazifischem Hintergrund: $1

    • eine Weiße LGBTQI+ Arbeitskraft: 97 Cent

    • eine LGBTQI+ Arbeitskraft mit lateinamerikanischem Hintergrund: 90 Cent

    • eine Schwarze LGBTQI+ Arbeitskraft mit asiatischen/pazifischem Hintergrund: 80 Cent

    • einer Native American LGBTQI+ Arbeitskraft: 70 Cent

Männer der LGBTQI+ Community verdienen durchschnittlich 4 % weniger als nicht-queere Arbeitskräfte und queere Frauen verdienen ganze 13 % weniger![4]

Die Zahlen unterscheiden sich stark innerhalb der Community. So sind zwei Weiße homosexuelle Männer z. B. recht gut aufgestellt, da sie eventuell beide ein gutes Einkommen haben. Wohingegen ein traditionelles Pärchen bestehend aus Mann und Frau weniger Einkommen hat, weil die Frau weniger verdient. Zwei Frauen, die sich einen Haushalt teilen haben im Vergleich das geringste Median-Einkommen.[5]

Was bedeutet Inklusion für die LGBTQI+ Community bei Finanzen?

Inklusion in der Finanzwelt kann ganz einfach sein: z. B. indem wir auf unsere Wortwahl achten. Wenn wir immer von „Ihr Mann“ oder „Ihre Frau“ statt „Ihre Partner*in“ sprechen, üben wir (unbewusst) eine von unzähligen Mikroagressionen gegenüber der queeren Community aus. Inklusion bedeutet, dass auch Transgender Menschen oder andere queere Menschen, genauso einfach einen Kredit aufnehmen können wie ein heterosexueller cis-Mensch*.

Ein entscheidender und für die meisten Menschen so simpler Aspekt ist der Name auf unserer Kredit- oder Debitkarte. Ich habe keine Probleme, wenn ich damit zahlen möchte, da ich eine Frau bin und auch genauso aussehe. V. a. Transgender Menschen können hier in unangenehme und sogar gefährliche Situationen geraten, weshalb Programme wie „True Name“ von der Mastercard Gold wert sind. Sie ermöglichen das einfache Wechseln des Namens auf der Bankkarte! Ein ebenfalls cooles (mittlerweile leider insolventes) Projekt war eine Neobank aus den USA – eine Bank, die von Mitgliedern der queeren Community für genau diese Community gegründet wurde. Abgesehen vom echten Namen auf den Bankkarten, hatte diese Bank noch weitere Feature, sodass Mitglieder z. B. nachvollziehen konnten, wie queer-freundlich die Läden sind, in denen sie sich aufhalten.

Wir brauchen noch immer Pride Parades und werden sie wohl zukünftig auch noch weiter benötigen. Es ist nicht genug, die Flagge einmal im Jahr zu hissen, sondern die Unternehmen müssen sich positionieren und in der Finanzbranche muss sich auch etwas ändern. Inklusion schadet niemanden – und ist ein Menschrecht, das sollten wir nicht vergessen!

*Wenn dich die ganzen Begriffe ein wenig verwirren, kannst du gerne hier nachlesen, was es damit auf sich hat.

[1] Das bedeutet LGBTQIA+ – ZDFtivi

[2] Advancing economic inclusion of the LGBTIQ+ community (anz.com)

[3] Inclusive Banking: Emerging Practices to Advance the Economic Inclusion of LGBTI People (ifc.org)

[4] LGBTQ+ Guide to Personal Finance | Bankrate

[5]  Key Statistics About Income and Wealth for the U.S. LGBTQ+ Population | Morningstar

 
Previous Article
Next Article

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert