Leitzins gegen Inflation – ready to rumble…
Mittlerweile spüren wir alle die Inflation im Alltag – jederzeit und ständig. Nicht nur die Zentralbank der USA, die Federal Reserve (FED), hat daraufhin ihren Leitzins angehoben, auch die Europäische Zentralbank (EZB) hat unlängst angekündigt, mit ihrer Geldpolitik auf die Situation zu reagieren. Warum das auch für uns als Privatpersonen von Bedeutung ist und was es mit dem Leitzins auf sich hat, klären wir in diesem Beitrag.
Die Rolle der EZB
Die EZB ist die verantwortliche Institution im Euro-Raum für Geldpolitik. Sie gibt den Leitzins für 19 EU-Länder vor und muss somit eine passende Politik für vielfältige Wirtschaftssysteme finden. Lange hielt die EZB an der Nullzinspolitik fest und hebt nun das erste Mal seit 11 Jahren den Leitzins an. Das Ziel dabei? Preisstabilität im Kampf gegen die Inflation und damit einhergehende wirtschaftliche Folgen.
Was ist der Leitzins überhaupt?
Der Leitzins ist ein festgelegter Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken bei Zentral- oder Notenbanken Geld beschaffen oder hinterlegen können. Um stabile Preise zu gewährleisten, zielt die EZB auf eine Inflation von ca. 2 % ab (Inflation ist also bis zu einem gewissen Maß gewünscht und notwendig; für mehr Hintergrundinfo kann dieser Blogbeitrag hilfreich sein). Um das zu erreichen, kann die EZB die Leitzinsen anpassen. Bei hohen Leitzinsen spricht man von restriktiver Geldpolitik und bei niedrigen Leitzinsen von expansiver Geldpolitik.[1]
Die Folgen einer Zinserhöhung, wie sie die EZB mit 0,25 % plant, sind zum einen günstigere Importe und teurere Exporte. Kredite werden auch für deutsche Banken teurer und damit auch für uns als Konsumentinnen*. Die Nachfrage bzw. der Konsum wird gedämpft, was die Inflation bremst. Bei einer Leitzinssenkung beobachten wir das Gegenteil und die Wirtschaft wird angekurbelt – deswegen auch die jahrelange Niedrigzinspolitik.[2]
So weit so gut!
Für uns jedenfalls. Deutschland hat eine starke Wirtschaftskraft, aber andere Länder in der Eurozone haben mehr Schwierigkeiten, ihre Schulden zurückzuzahlen und durch höhere Zinsen steigt die Schuldenlast noch weiter. Griechenland z.B. machte Schlagzeilen mit hohen Schulden seit den 2000ern. Aber besonders Italien steht zurzeit im Fokus vieler Finanzexpertinnen. Dessen Rendite bei Staatsanleihen ist seit August 2021 von 0,56 % auf 4,1 % angestiegen (hier ein Hinweis zum magischen Dreieck der Geldanlage: Die hohe Rendite auf italienische Staatsanleihen sind auf weniger Sicherheit zurückzuführen). Italien muss durch die höheren Leitzinsen auch mehr Zinsen an die Kreditgeberinnen (Banken und andere Finanzinstitutionen) zahlen und das kann den Staatshaushalt/ lokale Banken schwächen. Die ehemaligen PIIGS-Länder – Portugal, Italien, Irland, Griechenland, Spanien –drohen sich mit Ausnahme von Irland erneut stark zu verschulden, weswegen die EZB mit im Juli 2022 auslaufenden Anleihen diese Länder unterstützen will.[3]
Was bedeutet das für dich konkret?
Da passiert ganz viel auf der größeren Makroebene, aber auch für uns als Privatpersonen wird sich die Zinssteigerung irgendwann bemerkbar machen. Woran du das spüren kannst? Kredite bei Banken werden teurer, Schulden aufzunehmen wird also unangenehmer, auch wenn die Inflation zuvor andere Signale gesendet hatte. Das kann insbesondere für Immobilienkäuferinnen schmerzhaft sein. Der Euro hingegen wird attraktiver für Anlegerinnen, was in einer Wertsteigerung resultiert und so werden Importe und für uns einige Produkte günstiger. Einige deutsche Banken haben bereits angekündigt, die Zinssteigerung an uns Verbraucherinnen weiterzugeben. D.h. auf unser bei der Bank geparktes Geld müssen wir demnächst keine negativen Zinsen mehr zahlen, sondern bekommen eventuell sogar wieder Zinsen auf unsere Konten! Nichtsdestotrotz solltest du trotzdem privat investieren. Die Zinsen auf deinem Bankkonto werden höchst wahrscheinlich geringer ausfallen als bei ETFs und von der hohen Inflation verspeist.[4]
Für die Wirtschaft in Deutschland ist also vorerst alles in Ordnung. Wie das in stärker verschuldeten Ländern aussieht, ist noch schwer zu sagen. Momentan verändert sich so Vieles in der Welt, es heißt also erstmal abwarten und schauen, was kommt.
* Wegen der besseren Lesbarkeit benutzen wir nur die weibliche Form. Alle anderen Menschen sind explizit mitgemeint.
[1]https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Glossareintraege/L/002_Leitzinsen.html?view=renderHelp
[2] Zinsschritt für Juli geplant: EZB leitet Zinswende im Euroraum ein | tagesschau.de
[3] Ebd.
[4] https://www.faz.net/aktuell/finanzen/auch-die-commerzbank-will-die-negativzinsen-abschaffen-18115016.html
Danke für die Darstellung, in der Kürze sehr gut gelungen!
Liebe Maria-Luise,
vielen Dank für dein Feedback – das freut uns sehr!
Herzliche Grüße,
Claudia