Interview mit Gründerin Edda Schröder – Impact Investing durch Mikrofinanzierung
In Gesellschaft und Politik, Nachhaltigkeit, Women in Finance
Die Invest in Visions GmbH wurde 2006 von Edda Schröder mit dem Ziel gegründet, institutionellen und privaten Anlegern den Zugang zu Impact Investments zu ermöglichen. Dies sind Anlagen, die neben finanziellen Erträgen auch eine soziale Rendite bieten. 2020 wurde Edda zur “Frau des Jahres” gewählt vom Karrierenetzwerk Fondsfrauen.
Transkript zum Interview mit Edda Schröder, Gründerin von Invest in Visions
Claudia Müller (CM): Hallo und herzlich willkommen. Ich bin Claudia Müller, die Gründerin vom Female Finance Forum. Und heute bei mir ist Edda Schröder, die Gründerin und Geschäftsführerin von Invest in Visions, einem Unternehmen im Bereich Mikrofinanz. Hallo, Edda, schön, dass du da bist.
Edda Schröder (ES): Hallo Claudia, vielen Dank für die Einladung heute.
CM: Sehr gerne. Edda, stelle dich doch gerne selbst einmal direkt vor und verrate uns dabei vielleicht irgendeine Erfahrung, die dich besonders geprägt hat und die nicht im allerersten Absatz deines Lebenslaufs steht.
ES: Oh, jetzt wird es schwierig. Ja, also wie gesagt, mein Name ist Edda Schröder. Ich hab 2006 Invest in Visions gegründet, war vorher in einigen großen Asset-Managern zu Hause wie JP Morgan, oder Schroders in der Geschäftsführung, komme ursprünglich mal vom Bauernhof und hab dann eine Bankausbildung gemacht. So bin ich dann mein Weg weitergegangen. Ich wollte, und das war vielleicht auch prägend, ich wollte eigentlich nach der Bankausbildung in die Entwicklungshilfe. Ich hatte mich damals beim BMZ (Bundesministerium für internationale Zusammenarbeit) beworben und dann haben die dort einen netten Brief zurückgeschrieben und gesagt: „Frau Schröder, wenn Sie jetzt eine Ärztin wären oder Sie könnten Brunnen bauen, als Ingenieurin, dann gern, aber was soll man mit jemandem aus der Finanzdienstleistungsbranche? Da können wir gar nichts mit anfangen.“ Und dann habe ich gesagt ja gut, dann bin ich meinen Weg so weitergegangen und hab dann, wie gesagt, in der Asset-Management-Branche gearbeitet. 2006 bin ich dem Thema Mikrofinanz begegnet, das war eigentlich ausschlaggebend, und habe mich zu dem Thema Nachhaltigkeit bzw. Impact hingezogen gefühlt und durch die KfW – die hat damals 2005 den ersten Mikrofinanzfonds aufgelegt – da konnte ich so ein bisschen privat helfen. Und das war prägend. Und dann habe ich gesagt: Das ist das, was ich machen möchte, das ist meine Passion. Ich hab mir das da angeguckt, wie das funktioniert und hab gesagt, das möchte ich machen. Und das mache ich jetzt seit 2006 schon.
Was ist Mikrofinanz? Wie funktioniert Invest in Visions?
CM: Super. Und du machst das sehr erfolgreich. Erklär uns noch mal für alle die, die einfach noch keine Ahnung von dem Thema haben: Was genau ist Mikrofinanz? Was konkret macht ihr? Wer ist eure Zielgruppe? Was macht Invest in Visions besonders?
ES: Also was wir tun: Wir sind Portfolio-Manager, wir haben einen Fonds aufgelegt und dieser Fonds vergibt Darlehen an Mikrofinanzinstitute. Das sind spezialisierte Banken in den Entwicklungsländern mit der Maßgabe, Menschen zu helfen, sich selbstständig zu machen. Es geht hier um das Thema Hilfe zur Selbsthilfe: zu sagen, wir geben dir ein Startkapital und mach daraus dein kleines Unternehmen, ein Mikrounternehmen sozusagen. Das fing damals vor 50 Jahren mit Professor Yunus an, der hat in Bangladesch die Grameen Bank gegründet, hat dafür auch den Friedensnobelpreis bekommen 2006. Und seine Maßgabe war eben, gerade Frauen Darlehen zu vergeben, damit die sich selbstständig und finanziell unabhängig machen können. Das hat sehr, sehr gut funktioniert, also wir reden dort über Rückzahlungen – also Grameen Bank als Beispiel, hatte damals 8,6 Millionen Kundinnen, die Darlehen bekommen haben. Das waren Darlehensgrößen von 20$, 50$, 100$. Diese typische Nähmaschine, die man immer gerne als Beispiel nimmt, mit der dann Kleidung genäht wird und die verkauft wird und dadurch eben Geld und Gewinne erzielt werden. Und das ist das Prinzip von Mikrofinanz, eigentlich eine Starthilfe für Kleinstunternehmen zu leisten. Und ganz explizit auch gerade für Frauen.
CM: Und auf der Investorinnenseite, wer ist da eure primäre Zielgruppe? Also könnte ich einfach in euren Mikrofinanzfonds investieren oder sind das eher größere Summen, die man da braucht? Wie sieht das aus?
ES: Also eigentlich ist es ab einem Euro möglich. Wir haben damals den allerersten Mikrofinanzfonds in Deutschland, der für Privatperson zugänglich war, aufgelegt. Dieser wurde 2011 zum öffentlichen Vertrieb zugelassen.
Und das war eben auch der Grund, dass man eben kleines Geld hier auch investieren kann, um kleines Geld auch an Menschen in den Entwicklungsländern zu geben. Und das, wie gesagt, das ist ab einem Euro möglich. Unsere Zielgruppen sind durch die Bank weg, ganz normale Privatpersonen wie du und ich. Dann sind es auch kleine Family-Offices oder Stiftungen oder Vermögensverwalter. Es ist eine breitgesteuerte Zielgruppe auf der Investorenseite als auch auf der Investeeseite. Ich meine, wir erreichen jetzt mit dem Fonds 450.000 Menschen weltweit in 36 unterschiedlichen Ländern.
CM: Das ist wirklich wahnsinnig beeindruckend. Da interessiert mich direkt, wie findet ihr denn die Leute? Also, wie findet ihr die Leute, in die ihr investiert vor allem?
ES: Also wir investieren in Mikrofinanzinstitute. Das sind reine Kreditinstitute, die nur Darlehen vergeben haben an Menschen. Also an Menschen, die sonst keinen Zugang zu Geld haben. Darum ging es eigentlich. Die keinen Zugang zu Geschäftsbanken haben, weil sie keine Sicherheiten haben, weil sie arm sind. Das ist die Zielgruppe, die wir grundsätzlich erreichen wollen. Und darauf haben sich diese Mikrofinanzinstitute spezialisiert.
Die Prozesse laufen anders als bei einer Geschäftsbank. Sie sind natürlich sehr kleinteilig; sie sind also Mikrodarlehen. Vielleicht nicht mehr 20 Dollar, wie vor 50 Jahren, aber wir reden teilweise in Indien immer noch über 350 Dollar, 500 Dollar, 1000 Dollar. Also sehr sehr kleinteilig. Und das natürlich auch ein Kostenfaktor, der da reinspielt. Deswegen sind es spezialisierte Institute, die von uns refinanziert werden. Das heißt, die bekommen von uns ein Darlehen mit der Maßgabe, mit diesen Darlehen anderen Menschen das Darlehen zur Verfügung zu stellen, als Existenzgründungs-Darlehen, Investitions-Darlehen, solche Dinge. Das kann die Schneiderin sein, es kann aber auch ein Handwerker sein. Wir haben viel auch im Agrarbereich. Das liegt immer so ein bisschen daran, wie auch die Volkswirtschaft des Landes ist. Nicaragua zum Beispiel ist stark ausgerichtet auf Kaffee und Kakao, also Agrarwirtschaft. Dann haben wir aber ein Land wie Kirgisistan, sehr viel Handel in Zentralasien, zwischen China, Russland und zentralasiatischen Länder. Also es kommt immer darauf an, in welchem Land wir unterwegs sind.
CM: Wie viel bist du selbst persönlich unterwegs?
ES: Ich sage immer zu wenig. Ich wäre noch gerne viel mehr unterwegs. Freunde sagen, eigentlich machst du das Ganze ja nur, weil du so gerne reist. Aber das stimmt nicht so ganz. Aber ich reise schon gerne in andere Länder, da ich das sehr bereichernd finde, andere Kulturen kennen zu lernen. Das Schöne ist ja auch, wir haben dann auch noch einen anderen Zugang. Wir lernen die Menschen auch kennen, wir lernen die Schneiderin kennen, den Handwerker oder den Bauern. Wir können leider nicht alle besuchen, also alle 450.000. Aber wir gucken uns schon die Kunden an, wie sie mit dem Darlehen zufrieden sind, was sie damit gemacht haben, ob es sie wieder weiterbringt, ob es einen positiven Impact erzielt. Das ist ganz wichtig, denn das ist das, was wir machen wollen. Wir wollen sagen: Menschen, die ein Darlehen bekommen haben, denen soll es hinterher besser gehen, es soll Wohlstand generiert werden. Viele Frauen nutzen das Darlehen eben auch, um die Schulgebühren der Kinder zu bezahlen. Es geht viel um Bildung. Und meiner Ansicht nach, ist es auch so: Bildung verändert die Welt. Und das ist gerade in den autokraten Staaten, in deen wir unterwegs sind, sehr sehr wichtig.
CM: Ich stimme absolut zu. Es ist ja eine Investition, die man durch euch quasi tätigt. Wie sieht es mit den Rückzahlungsraten aus, mit der Rendite dieses Fonds, dieser Investitionen?
ES: Also, wie gesagt, ist ein ganz normaler Fonds, ein Investmentfonds, der wie gesagt, ganz normal ab einem Euro zeichenbar ist. Man kann aber nur einmal im Monat zeichnen und vierteljährlich verkaufen. Also er ist nicht täglich liquide, wie man sagt. Das ist sinnvoll, weil die Darlehen an die Damen in Indien auch länger laufen, so 3, 6, 9, 12 Monate. Das heißt, das Produkt ist ein bisschen illiquide. Und es ist aber ein Produkt, was total unabhängig von anderen Anlageklassen ist. Also, wenn wir jetzt einen ganz normalen Aktienmarkt und andere angucken, oder den Rentenmarkt, Aktienmarkt kennt man, ja, immer wieder rauf und runter geht. Und das ist hier nicht der Fall. Also wir sind sehr sehr unkorreliert. Also wir haben keine Beeinflussung von den anderen Anlageklassen. Das ist ein Riesenvorteil bei Mikrofinanz. Gerade jetzt auch in den letzten Jahren, 2022 als Beispiel, als die Märkte alle nach unten gingen, sowohl die Rentenmärkte als auch die Aktienmärkte, da sind wir sehr, sehr gut, mit einer positiven Rendite durchgekommen. Seit Auflage des Fonds haben wir auch jedes Jahr positiv performt; wir hatten noch nie eine negative Rendite. Die ist aber auch nicht so hoch. Also wir reden hier zwischen zweieinhalb, dreieinhalb Prozent. Aber sie ist stabil.
CM: Und das seit Auflage des Fonds, also seit fast 20 Jahren, richtig?
ES: Seit 2011, genau 2011 haben wir den aufgelegt. Also jetzt sind es dann 14 Jahre.
(Keine) Weibliche(n) Vorbilder in der Finanzbranche
CM: Da gab es ja schon auch einige Jahre sowohl im Aktienbereich als auch im Anleihenbereich, die nicht nur positiv waren. Das ist ja schon ein stabiles Zeichen. Sehr spannend. Wenn ich nochmal zurückgehe, du hattest gerade kurz erwähnt, du bist auf einem Bauernhof groß geworden und hast dann eine Bankausbildung gemacht. Wie bist du in den Finanzsektor gekommen? Was hat dich da interessiert? Ich kann mir vorstellen, da gab es jetzt noch nicht so viele Frauen oder noch weniger Frauen als heute. Also gab es jemanden, der eine Vorbildfunktion hatte oder so, wie bist du in diesen Finanzbereich generell reingekommen?
ES: Also generell muss ich ehrlich sagen, war das das Reden meiner Mutter. Ich wusste nicht genau, was ich nach dem Abitur machen sollte. Und da hat die gesagt: Kind, geh zur Bank. Und meine Mutter, das ist vielleicht auch so ein bisschen Vorbildfunktion, hat immer gesagt: Kind, werde unabhängig. Finanziell unabhängig. Tue etwas, damit du dein eigenes Geld verdienst. Gut, die Generation meiner Eltern, meiner Mutter ist natürlich noch eine ganz andere, aber sie hat mir das quasi so ein bisschen mit auf dem Weg gegeben. Und die größten Erlebnisse oder prägend waren eben damals auch bei Fleming, jetzt JP Morgan.
Da hab ich 1993 begonnen bis 2000, dann wurde ich abgeworben bei Schroders und da war ich auch im internationalen Bereich tätig. Da war ich viel in Europa unterwegs, bei Schroders auch und da bei Flemings hatte ich auch eine Head of Europe. Das war eine Dame, damals schon. Die Angelsachsen waren damals schon wesentlich weiter, was Diversity angeht, als wir. Und an Colette Bo kann ich mich erinnern. Sie war so ein bisschen meine Mentorin, die mir gesagt hat, auf was du achten musst. Dass man sich Netzwerke schaffen muss, innerhalb der Company, dass man diese typischen Business-Lunches und sowas alles, dass man das macht, um weiter zu kommen und gesehen zu werden, um eine Stimme zu bekommen. Das ist ganz wichtig und dann eben auch außerhalb. Und das fand ich eine sehr gute Erfahrung.
Klar hab ich auch an so einem europaweiten Tisch gesessen mit allen Head of der Ländern, da war ich die einzige aus Deutschland. Ich habe etwas gesagt, wurde überhaupt nicht vernommen, jemand anders hat das Gleiche gesagt und da war es ganz toll.
CM: Oh, ist das das Gleiche? Das ändert sich so gut wie nicht.
ES: Irgendwie liegt es an meiner Stimme oder macht man das nicht – also ist die Art und Weise, wie man auftritt als Frau, nicht so wie als Mann. Die haben natürlich ein ganz anderes Erscheinungsbild. Das war auch interessant, als ich mich dann selbstständig gemacht habe, hier in Deutschland mit dem Thema. Auch viele Kollegen damals aus dem Asset-Management Bereich haben mich erst mal so ein bisschen abgestempelt als: ja jetzt kommt sie in Birkenstock und Poncho, so als Ökotante. Also die macht ja was Soziales jetzt irgendwie. Man wurde auch nicht gesehen, man wurde auch nicht so wirklich für voll genommen, wenn ich das mal so sagen darf. Erst als die Assets stiegen. Als wir bei der 500 Millionen Grenze waren oder bei einer Milliarde Grenze, da kam es „Ach, Edda wollen wir nicht mal wieder Mittagessen gehen“. Also das ist schon interessant.
CM: Ich habe erst kürzlich einen Vortrag gehalten bei einer Bank darüber, wie sie Frauen als Kundinnen besser erreichen und da habe ich genau das zitiert aus einer Studie von deren eigenen Bankenverband, wo eben gesagt wird: Frauen müssen sich erst beweisen und offensichtlich ist es egal, ob das als Kundin ist, wie jetzt meine Perspektive oder deine Perspektive als Expertin. Du musst dich immer erst beweisen um dann irgendwann, wenn du dreimal so erfolgreich bist, um dann für voll genommen zu werden.
ES: Ja, ich glaube aber auch, wir reden nicht so viel darüber. Vielleicht sollte man einfach mal öfters auch sagen, ich habe das A, B, C, E, D gemacht, ne? Aber mir ist es auf jeden Fall so gegangen.
CM: Würdest du denn sagen, da hat sich was verändert, so bezüglich Frauen in der Finanzbranche? Ich sag mal, in den letzten 30 Jahren oder so.
ES: Also es ist bestimmt, es sind bestimmt mehr Frauen dabei, aber eine wesentliche Veränderung, wie ich sie mir gewünscht hätte, dass noch mehr Frauen da wären, merke ich eigentlich erst die letzten Jahre, in denen das Thema so ein bisschen stärker geworden ist. Also davor, ich finde mal, kann ich es nicht genau beurteilen, aber so vor sechs, sieben, acht Jahren, da war das noch nicht so stark, das kommt jetzt. Also das finde ich auch sehr, sehr gut. Aber es gibt ja z.B. immer diesen Fondskongress in Mannheim, wo sich die ganze Branche trifft. Das Bild hat sich noch nicht groß verändert. Es wird besser, ja, aber es kommt natürlich auch hin, dass die, gerade diese Generation der Vermögensverwalter, die wird ja älter. Die scheiden jetzt auch langsam aus. Und dann kommt natürlich auch Nachwuchs nach und ich hoffe, der wird stärker weiblich geprägt sein. Vom Muster her kann ich nicht sagen, dass sich das groß verändert hat, .eider nicht. Ich weiß natürlich nicht, vielleicht hast du andere Erfahrungen.
CM: Ich weiß natürlich nicht, wie es vor 30 Jahren im Finanzsektor war, aber gesellschaftlicher Wandel ist einfach extrem langsam. Und da sagte ein Bekannter mal: Wir müssen geduldig sein, weil es eben so langsam geht und manches kann man auch nicht übers Knie brechen, aber auf der anderen Seite nicht zeigen, dass wir geduldig sind, sondern immer mit Kraft dagegen vorgehen und das antreiben, damit sich überhaupt irgendwas bewegt. Das ist ein schwieriger Spagat, aber ich glaube, es stimmt durchaus, da, ist was dran.
ES: Ja, das stimmt.
Der Weg zur Selbstständigkeit
CM: Du bist ja irgendwie gleich doppelt auffällig. Auffällig ist der falsche Begriff, aber besonders, nämlich sowohl als Frau im Finanzsektor und dann auch noch als Unternehmensgründerin. Und das ja auch in einem Bereich, der damals sehr neu war. Du sagtest gerade, 2005 hat die KfW den ersten Mikrofinanzfonds aufgelegt, du hast dann 2006 die Invest in Visions gegründet. Was hat dich da motiviert oder auch den Mut gegeben, dich selbstständig zu machen?
ES: Das Thema. Ich glaube, es war wirklich das Thema. Ich war so begeistert von dem Thema, zu sagen, dass man hier in bei uns in der westlichen Welt Geld einsammelt und Menschen direkt, und das war glaube ich das Thema, direkt damit unterstützen kann. Und das hat mich auch gestört, auch bei Schroders die letzten Jahre, es ging dann immer nur noch wir legen einen neuen, den 359. europäischen Aktienfonds mit 0,2 Prozent besserer Rendite auf. Da habe ich den Sinn nicht mehr drin gefunden und gesehen. Als ich das Thema dann kennenlernen durfte, bin ich auch sofort nach Peru geflogen, hab mir das angeschaut, hab Frauen gesehen, wie sie sich selbstständig gemacht haben und habe gedacht, ja, das ist es. Und das war wirklich eine Vision, die sagt, dass sich das lohnt, sich dafür einzusetzen und stark zu machen. Ich hatte dann auch überlegt, mache ich mich gemeinsam mit jemand anderem selbstständig, hatte dann auch erste Gespräche geführt, das hat nicht funktioniert. Ich hab das dann alleine gemacht. Würde ich das heute nochmal machen? Weiß ich nicht, aber ich war damals so und bin einfach ins kalte Wasser gesprungen.
Frauen und Armut – ein globales Phänomen
CM: Warum ist dir das Thema Frauen so wichtig?
ES: Weil ich die Unterdrückung auch gerade in den Emerging Markets und vielleicht auch bei uns teilweise noch, gesehen habe und das wichtig ist. Dass gerade die finanzielle Unabhängigkeit wichtig ist, um sich auch gesellschaftlich unabhängig zu machen. Und ich habe viele Frauen gesehen, die sind so tough, die würden alles tun. Da geht es dann auch immer überwiegend natürlich erstmal um die Familie und die Kinder. Alles tun, um sich erfolgreich da zu bewähren und ihren Kindern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
CM: Das ist ja etwas, was man ganz oft sieht: wenn man die Frauen stärkt, dann stärkt man die ganze Gemeinschaft.
ES: Ja, genau. Und jetzt werde ich mal sehr klischeemäßig, aber ich habe es wirklich erlebt. Im Kamerun zum Beispiel, da sind die Frauen morgens um 5 Uhr auf dem Markt, verkaufen ihre Produkte und die Herren sitzen nebenan in der Kneipe. Also es ist wirklich so, ja, das Klischee gibt es.
CM: Klischee kommt ja auch irgendwoher.
ES: Ja, genau.
Schutz vor White Saviorism 😉
CM: Was würdest du sagen, welche Rolle spielt Empathie im Bereich Impact Investing? Vielleicht als Antreiber, also vielleicht gibt es so was wie zu viel Empathie, wie ist da deine Perspektive?
ES: Empathie bezüglich Impact?
CM: Ja, oder im Bereich Impact. Du musst ja trotzdem irgendwie auf die Rückzahlung zum Beispiel achten oder eben generell auf die Rendite. Das heißt, ist es passiert, dass dir, ich sag jetzt mal, eine Art Helfer-Syndrom über den Weg gekommen ist, dass du über deine Grenzen gegangen bist.
ES: Das hätte passieren können, gebe ich ganz offen zu, aber wir sind ja regulatorisch bestimmt. Wir sind ein regulierter Investmentfonds in Deutschland, der von der Bafin und Bundesbank beaufsichtigt wird, und wir müssen unsere Finanzanalyse ganz genau machen. Und wenn diese Finanzanalyse nicht stimmt, das heißt, wenn ein Mikrofinanzunternehmen nicht profitabel ist oder nicht richtig agiert, keine guten Kreditprozesse hat, dann dürfen wir nicht investieren. Also würde ich das privat machen, wäre ich da wahrscheinlich großzügiger und würde dann empathischer sein, sagen “hier Mensch komm, gibt denen doch noch ein bisschen Geld, die kommen da schon raus”. Aber aufgrund der Regulatorik geht es gar nicht. Das ist auch gut so, muss ich auch ganz ehrlich sagen. Es gibt ja diesen Spruch: Man soll gutem Geld kein schlechtes Geld hinterherwerfen. Denn das hilft keinem. Das hilft dem Kleinstunternehmer am Ende des Tages nicht, weil der es auch nicht schafft und uns, den Investoren, auch nicht. Also von daher ist es, glaube ich, ein guter Mittelweg, den wir hier versuchen zu finden.
CM: Manchmal sind die Regelungen ja doch auch ganz gut, so als Schutz vor sich selber.
ES: Ja, genau, genau.
Persönliche Stärken & Schwächen als Unternehmerin
CM: Du hattest gerade eben den Fondskongress angesprochen und dass da das Bild noch relativ ähnlich ist wie noch vor Jahrzehnten – es gibt ja auch das Fondsfrauen-Netzwerk, wo du 2020 zur Frau des Jahres gewählt wurde. Was hat das für dich persönlich bedeutet?
ES: Also erstmal war ich echt stolz. Ich habe mich wirklich gefreut, dass ich diesen Preis bekommen habe. Und ja, ich hoffe, dass ich dadurch vielleicht ein bisschen auch eine Vorbildfunktion habe, dass sich andere Frauen vielleicht auch mal selbstständig machen. Dass jemand das vermeintliche Risiko auf sich nimmt, um sich wirklich selbstständig zu machen und ein eigenes kleines Unternehmen zu gründen. Mit welcher Idee auch immer, man muss natürlich davon überzeugt sein, sonst geht es nicht. Genauso wie du auch. Du brennst auch für das Thema. Und ich glaube, das muss die Grundvoraussetzung sein. Aber das würde ich mir wünschen, dass es da noch mehr gibt.
CM: Meiner Erfahrung nach sind da genau solche Vorbilder wahnsinnig wertvoll und hilfreich, um eine eigene Zukunftsvision erstellen zu können. Also von daher, ich finde es super, dass du den Preis bekommen hast und sowieso deine Arbeit. Was würdest du denn sagen, so als Unternehmerin und im Finanzsektor tätig, welchen Rat würdest du jungen Frauen mitgeben, die eine Karriere entweder im Finanzbereich oder eben als Unternehmerin anstreben?
ES: Ich glaube, erst mal Know-how ist gut. Man sollte sich wirklich gutes Know-how aneignen. Und dann aber auch Durchhaltevermögen. Es gibt immer wieder Situationen, die nicht schön sind, aber es gibt da diese Postkarten, die man irgendwo kaufen kann: Hinfallen, Krönchen aufrichten und wieder aufstehen. Da ist wirklich was dran. Man muss es einfach versuchen. Man darf sich nicht runterziehen lassen, irgendwie von anderen und sagen lassen, dass schaffst du sowieso nicht. Oft haben mir Freunde gesagt, jetzt hörst du auf, du verdienst jetzt schon seit X-Jahren kein Geld. Wenn du jetzt zum 31.12. nicht aufhörst. Dann sage ich, “ne, ich krieg das hin!” Irgendwie kriegst du‘s hin. Und gut, jetzt hat es auch funktioniert, Gott sei Dank, aber das ist es, man muss Durchhaltevermögen haben, muss sich echt durchbeißen manchmal. Und die Vision haben, also davon wirklich überzeugt sein, was man machen möchte.
CM: Ja, ganz wichtig. Du hast es vorhin schon kurz angesprochen, als ihr die diversen Werte durchbrochen habt, die 500 Millionen und dann die eine Milliarde, das ist ja einfach unfassbar viel Geld. Fühlst du da manchmal auch ein sehr starkes Verantwortungsgefühl, ist das etwas, was dich umtreibt? Also macht dir die Zahl Angst oder ist das einfach nur eine Zahl mehr als vor ein paar Jahren?
ES: Nein, das ist schon eine große Verantwortung. Das ist Verantwortung, es sind aber auch die Menschen, weil wir haben jetzt auch ein großes Team in Frankfurt. Es sind jetzt 27 Personen. Und das heißt ja auch, man hat dafür auch eine Verantwortung, man möchte ja auch, dass das Leben so bleibt, dass man sagt, okay, gut, was können wir weiter machen, damit wir- es geht nicht immer um Wachstum, Wachstum, Wachstum. Darum geht es gar nicht. Aber es geht darum, das so wirklich zu halten, dass die Menschen, die Mitarbeitenden glücklich und zufrieden sind, dass wir ein gutes Klima haben. Ohne Team geht es nicht. Wir arbeiten alle zusammen, sonst wären wir nicht so erfolgreich wie wir sind. Also von daher fühle ich mich da schon verantwortlich, dass das auch so bleibt, ja.
CM: Ja, versteh ich, kann ich mir vorstellen, in manchen Situationen auch ein ganz schönes Gewicht wahrscheinlich so auf den Schultern und in anderen Situationen genau das, was einen antreibt, auch dann einfach weiter zu machen.
ES: Und natürlich auch die Verantwortung gegenüber den Investoren. Ich gehe ja raus, wenn ich von dem Thema Mikrofinanz erzähle und da ist ja eine gewisse Erwartungshaltung, die die Menschen daran haben, und ich möchte die ja auch nicht enttäuschen. Dass das Geld auch wirklich gut angelegt ist, dass wir unser Bestes tun, dass die Gelder zurückgezahlt werden. Das ist natürlich dann auch die andere Verantwortung den Investoren gegenüber.
Eddas Anleitung zum Unternehmertum
CM: Was würdest du sagen, welche Rolle spielen so Sachen wie Netzwerke oder auch Mentoring oder dergleichen in deiner beruflichen Laufbahn oder haben gespielt?
ES: Netzwerke auf jeden Fall und die damals, hatte ich vorhin angesprochen, Mentoring auch. Das war also damals jetzt wirklich tatsächlich so den Grundsteil mit gelegt dafür auch, ne? Aber Netzwerken glaube ich ist ganz wichtig, dass man sich weit aufstellt, mit vielen Menschen spricht. Ich lerne immer dazu, mit denen man spricht und das ist es dann auch wirklich weiterhilft, und dann auch, wird man da noch sichtbar. Ich glaube, das ist auch ganz wichtig.
CM: Was würdest du sagen, ist für jemanden, der jetzt gerade anfangen möchte, sich ein Netzwerk aufzubauen, was ist vielleicht so der eine Tipp, den du mitgeben würdest?
ES: Buh, das ist schwierig. Ich glaube, man muss ein Ziel vor Augen haben, was man dann erreichen möchte, ne? Und dann zu sagen, okay, das hört sich jetzt sehr berechnend an, aber so muss es am Ende des Tages ja auch sein, ne? Das wir sagen, okay gut, ich habe jetzt ein Ziel und wer oder wie kann ich da hinkommen und wer kann mir dabei helfen? Darum geht es ja auch am Ende des Tages, ne? Und dass man sich dann austauscht. Ich glaube, das ist ganz wichtig, von dort anzufangen, von dem was möchte ich erreichen und daraufhin gucken, was welche Netzwerke helfen mir dabei, um dort hinzukommen.
CM: Also auch, ich sag mal, zielgerichtetes Netzwerken, nicht einfach die Gießkanne, möglichst viele Menschen, sondern die richtigen Menschen treffen oder erreichen. Genau. Was würdest du sagen, so rückblickend auf deine Karriere, was war dein größter Erfolg?
Eddas größter Erfolg & Sternzeichenmagie 😉
ES: Mein größter Erfolg… Also, da muss ich jetzt echt, wirklich überlegen. Ich glaube einfach, dass ich das durchgehalten habe, dass ich die ersten schweren Jahre durchgehalten habe. Das würde ich sagen.
CM: Ja, und ich finde manchmal, ich weiß nicht, ob du das auch so nachvollziehen kannst, aber ich finde manchmal, gerade weil du sagst, dein größter Erfolg war eigentlich das Durchhalten und das ist ja nichts, was man so richtig in dem Moment feiern kann. Das macht’s aber auch so schwierig. Die eine Milliarde, die habt ihr bestimmt gefeiert und das ist super, aber letztendlich war das eigentlich das Ergebnis von dem Durchhalten viele Jahre früher, was sich halt über viele Jahre vielleicht auch hingezogen hat, wo man gar nicht so genau den Finger drauflegen. Gibt’s irgendwas, was hast du heute anders machen würdest, so rückblickend?
ES: Also, von meiner Persönlichkeit her, ja, ich würde, ich glaube ich bin manchmal nicht gut im klar kommunizieren. Ich glaube, das ist wichtig. Klar sagen, was man möchte und was man nicht möchte, und auch im ganzen Umkreis, sei es geschäftlich sei es privat, aber ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich bin vom Sternzeichen her Waage, also man wiegt immer so ab. Eine Entscheidung zu finden, das dauert manchmal, also das nervt mich über mich selber auch. Einfach zu sagen, ein bisschen klarer sein, ich glaube, das würde ich heute versuchen, arbeite ich immer noch dran, aber das würde ich sagen, das sollte, das würde ich anders machen wollen.
CM: Das finde ich gerade sehr interessant, dass du dein Sternzeichen da mit reingebracht hast. Gut, darüber reden wir beim nächsten Mal. Wenn du jetzt eine junge Frau dasitzen hast, vor dir sitzen hast, die vielleicht einfach anfangen will, ihre Finanzen in die Hände zu nehmen, so sich um ihre Finanzen zu kümmern. Welchen Rat würdest du der mitgeben?
ES: Also ich auch da wieder, glaube ich, muss man ganz klar sagen, für was ist es, für was möchte ich das ansparen, in Anführungszeichen. Weil für was ist es, für die Rente, für eine Anschaffung, für was weiß ich, Hausbau, kaufen oder solche Dinge? Ich glaube, das ist immer das erste, zu gucken, okay, was möchte ich damit erreichen? Wie langfristig ist es ausgerichtet, wie risikobewusst kann sie damit umgehen, also kann man Geld verlieren und dann würde ich immer sagen, bitte breit streuen und wenn es einem auch, also mir wäre es jetzt heute wichtig, dass es gab es vor 20, 30 Jahren, halt gab’s das Thema Nachhaltigkeit noch nicht in der Finanzendienstleistung, dass man sagt, mir ist es auch wichtig, dass man Geld wirklich was Gutes tut für mich, egal was und dass man da auch sich überlegt, ja, was ist mir wichtig, welche Werte sind mir wichtig, wie ich mein Geld anlege. Aber grundsätzlich erst mal natürlich welche Zielsetzung habe ich, was möchte ich tun und dann breit diversifizieren, ist glaube ich immer das beste was man machen kann.
CM: Super, vielen, vielen Dank, ich bin mit meinen Fragen am Ende, möchtest du noch ein Abschlusswort mitgeben an unsere Hörerinnen?
Letzte Worte
ES: Mutig sein, würde ich sagen. Dass würde mich freuen, wenn viele junge Frauen mutig sind, sei es in der Kapitalanlage, sei es das Geld wirklich in die selbst in die Hand nehmen und zu investieren, ist glaube ich wichtig, also sei es auch bei der beruflichen Findungen und immer das tun, wo wirklich das Herz dran hängt, weil man verbringt viel Zeit mit dem Job, was man tut und ich glaube, also in meinem Case, immer diese Work-Life-Balance fällt mir immer so ein bisschen schwer, weil ich das, was ich mache, beruflich mache ich auch gerne, deswegen, also mutig sein.
CM: Mutig sein, das finde ich einen wunderschönen Schlusssatz. Vielen vielen Dank, liebe Edda, dass du da warst. Danke und alles Gute für die nächste Milliarde.
ES: Vielen Dank, dir auch alles Gute.
Tags: Frauen, Motivation, Netzwerk, Vorbild, Ziele
Ein sehr interessantes Interview, in dem viele Aspekte zur Sprache kommen. Danke dafür, liebe Claudia und Edda
Herzliche Grüße, Brigitte