How She Did It: Pia Hoffmann
Bei How She Did It unterhalte ich mich mit ganz normalen Frauen, die ihre Finanzen in die eigenen Hände genommen haben. Heute stelle ich dir Pia vor, die ich seit dem Kindergarten kenne und die einen super Tipp hat, wie auch du mit deinen Finanzen anfangen kannst. Schau, hör oder lies das Interview hier!
Das Video (auf YouTube) kannst du dir hier anschauen:
Hier kannst du dir das Interview anhören (nur Audio):
Und falls du lieber lesen möchtest, kommt hier das Interview als Text:
Claudia: Hallo und herzlich willkommen zu einer Folge von ‘How She Did It – Echte Geschichten von echten Menschen’. Ich habe heute Pia zu Gast und freue mich sehr. Wir kennen uns seit Ewigkeiten, also den allergrößten Teil unseres Lebens. Wir waren tatsächlich im Kindergarten zusammen und ich freu mich total, dass du da bist. Hallo Pia!
Pia: Ich mich auch.
Claudia: Pia, erzähl uns mal: Wo stehst du gerade? Was hast du erreicht in Bezug auf deine Finanzen?
Pia: Noch nicht das, was ich erreicht haben möchte, aber immerhin bin ich schon auf dem Weg – so ein bisschen, würde ich sagen.
Was habe ich erreicht?
Ich habe etwas erreicht, wo ich immer ein bisschen Angst vor hatte, nämlich, dass ich wenigstens weiß, wie es mir finanziell so geht. Da habe ich mich ganz lange drum gedrückt, das überhaupt heraus zu finden, weil ich Angst hatte dahin zu gucken. Weil Geld in meinem Elternhaus irgendwie immer einfach so da war. Das heißt nicht, dass mich meine Eltern mit Geld überhäuft haben, aber es war nie ein Thema, über das man groß jetzt geredet hat oder so. Das war immer einfach so da. Und das ging mir dann eigentlich in meinem ersten Job auch direkt so. Da habe ich sehr gut verdient und da war das Geld einfach so da. Und das war auch immer mal wieder irgendwie weg, aber ich habe eigentlich nicht groß auf mein Konto geguckt. Das war halt dann da und dann war es auch mal wieder weg, aber es kam auf jeden Fall immer wieder genug rein. Und da mal hinzugucken und zu sagen: Was geb‘ ich eigentlich so aus? Und sowas wie Altersvorsorge und so‘n Quatsch wollte ich mich nie mit beschäftigen. Das war wirklich irgendwie eine gruselige Vorstellung, weil ich dann ja da hätte reingucken müssen. Ich hatte eine totale Aversion davor und hab mich damit nicht beschäftigt.
Und irgendwann habe ich dann tatsächlich mal damit angefangen und einfach mal aufgeschrieben, was ich denn so ausgebe.
Das war total erhellend. Jetzt weiß ich halt, was so reinkommt und was rausgeht, und kann deswegen auch entscheiden, ob ich mir etwas leisten kann oder nicht. Und das war ein Riesending. Wenn ich mir jetzt etwas kaufen will, dann mache ist das nicht einfach, weil ich denke: „Uahh wird schon gut gehen, wird schon gut gehen“, sondern ich mache das und ich weiß: Es wird gut gehen. Oder ich tu‘s halt nicht, weil ich weiß: Ach nee, lass mal. Denn dann müsste ich nächsten Monat ja weniger ausgeben. Und Schulden bei sich selber aufnehmen, das habe ich tatsächlich noch nie gemacht. Also zumindest nicht in der Zeit, in der ich meine Finanzen bewusst im Auge hatte.
Claudia: Schulden bei sich selber aufnehmen, das ist eine total coole Formulierung. Wenn du sozusagen heute etwas ausgibst, was du erst in der Zukunft verdienen wirst.
Pia: Ja, das geht mit Geld, das geht mit Energie, das geht mit: Ich esse jetzt heute einen Kuchen, dann esse ich aber morgen weniger…
Claudia: Wer würde denn sowas tun? (ironisch)
Pia: (lacht) Das geht mit ganz vielen Sachen.
Claudia: Ab Montag mach ich Diät, oder so. (lacht)
Pia: Schulden bei sich selber aufnehmen ist immer wieder eine blöde Idee, habe ich festgestellt. Und ich habe das ständig gemacht.
Auch so: Ach komm das lerne ich morgen für die Klausur.
Claudia: (uhhu) oh ja.
Pia: So Pauseschulden, Freizeitschulden. Ich bin höchstverschuldet bei mir gewesen. Und das nimmt aber die Balance aus dem Leben raus, und das ist eklig und man bescheißt sich auch selber. Das funktioniert so nicht. Denn am nächsten Montag habe ich die Schulden von letztem Monat eigentlich schon wieder vergessen und irgendwann habe ich rote Zahlen. Das macht keinen Spaß.
Claudia: In verschiedenen Bereichen, verstehe. Gab es denn irgendwie eine große Sache, die du dir geleistet hast? Du sagtest: Aufschreiben, was reinkommt und raus geht, war für dich so ein grundlegendes, ganz wichtiges Ding, richtig?
Pia: Ja, total.
Claudia: Was konntest du dir denn dann leisten oder auch nicht leisten, was du vorher nicht wusstest?
Pia: Also erstmal war es total erhellend. Damals, als ich angefangen habe ein Haushaltsbuch zu führen, war das eine wahnsinnig dumme App. Die konnte gar nichts. Die war auch noch hässlich, aber sie hat funktioniert. Ich habe einfach nur alles da reingeschrieben, was ich ausgegeben habe, und sei es das 80 Cent Brötchen beim Bäcker. Ich habe da alles reingeschrieben.
Claudia: Das ist fast das Wichtigste, dieses Kleinvieh, was sich einfach aufsummiert. Kleiner Hinweis: Schaut mal auf meinem Blog, da gibt es sowohl eine Excel-Vorlage fürs Haushaltsbuch als auch einen Blogbeitrag, wo ich 5 verschiedene Handy-Apps vorstelle, vielleicht findet ihr eine, die nicht ganz so hässlich ist. (lacht)
Pia: Genau, genau! Du warst ja damals auch die Mücke im Schlafzimmer, die immer gesagt hat: Mach das doch mal, mach das doch mal, mach das doch mal. Und irgendwann habe ich gesagt:
Ach komm, erstmal aufschreiben, ich muss es mir ja nicht mal angucken.
Es verschwindet ja in der App. Sachen tracken und sowas, da hatte ich Spaß dran.
Das einfach nur aufzuschreiben hat mir schon mal so ein grundsätzliches Gefühl von Kontrolle gegeben, auch wenn ich es mir tatsächlich auch eine ganze lange Weile erstmal überhaupt nicht angeguckt hab. Und dann habe ich halt diesen ganzen Kram aufgeschrieben. In der Zeit war ich gerade dabei, zu merken, dass ich in den Job, in dem ich bin, tot unglücklich bin. Der hat mir aber wahnsinnig viel Geld gebracht. Deshalb hab ich immer gedacht: Ich komm hier nicht raus, ich komm hier nicht raus, ich komm hier nicht raus. Weil ich so viele laufende Kosten hab. Das war so das Monster unterm Bett. So: „Ich weiß gar nicht, wie das aussieht und ob das überhaupt da ist!“ Und dann habe ich irgendwann tatsächlich mal darein geguckt und hab mal aufgeschrieben, was ich monatlich alles so ausgebe und was ich eigentlich absägen müsste, um mal 3 Monate lang keinen Job haben zu müssen. Einfach gehen zu können.
Ich krieg jetzt noch Gänsehaut, wenn ich dran denke. Das war für mich ein fürchterlicher Moment, in dem ich gemerkt habe: Ich bin abhängig von diesem Job. Ich kann nicht einfach so gehen. Weil ich Kosten habe, die ich nicht so schnell absägen kann, und ich hab auch nichts auf die hohe Kante gelegt. Ich hab einfach alles, was reingekommen ist, einfach wieder rausgeblasen. Du hast irgendwo mal geschrieben: Die Falle ist, wenn du plötzlich mehr Geld verdienst, dass dann dein Lebensstandard einfach so mitsteigt. Da war ich das perfekte Beispiel für. Ich hab mir ein schönes Auto geleistet, teure Urlaube, ich hab einfach alles rausgehauen, weil mein Job ja auch so anstrengend war.
Claudia: Da muss man sich dafür auch belohnen, oder?
Pia: Genau das. Ich habe mir halt meine Bedürfnisse, die ich 8 bis 14 Stunden pro Tag niedergeknüppelt habe, dann einfach wieder gesund gekauft. Aber gesund war es nicht, beim besten Willen nicht.
In meiner Excel-Tabelle gab es einen Posten, den ich ausgerechnet habe: Was ich an Schmerzensgeld für meine kaputten Bedürfnisse bezahle.
Und da sind dann solche Sachen wie: Ich gehe essen, weil ich keine Zeit hatte, einkaufen zu gehen. Jetzt muss ich mir aber mal eine Wellnessmassage leisten, die ich eigentlich gar nicht haben will. Da liegen Schuhe im Wert von 150 € unter Bett, die mir nicht passen, aber ich hab’s nicht geschafft sie rechtzeitig wieder weg zu schicken.
Das hab ich mal über 3 bis 4 Monate getrackt und auch sowas wie: Ich hatte einfach keine Zeit, mich damit zu beschäftigen, wann ich jetzt wohin fliege in den Urlaub, deswegen muss ich halt 2 Tage vorher buchen und das kostet mich 1500 € mehr. Bisschen übertrieben, aber so ungefähr. Und dann hab ich festgestellt, dass ich im Monat zwischen 300 € und 400 € nur ausgebe für Kram, der mir keinen Mehrwert bringt, einfach nur Kompensation. Und das hat mir nachher den Schub auch gegeben, zu sagen: Ich muss mein Leben verändern. Also allein durch die Transparenz darüber, was ich wie ausgebe und wofür. Das einfach mal zu sehen und auch dieses Gefühl: Ich bin abhängig von diesem Job, der mich Geld kostet. Ich muss das Geld verdienen, um den Job zu kompensieren. Das war für mich so ein absoluter Brain Explosion Moment, wo ich gedacht hab: Um Himmels Willen, du musst hier raus! Und ohne diese Transparenz wäre mir das wahrscheinlich nicht aufgefallen, da wäre ich einfach wahrscheinlich sehr, sehr viel länger noch unglücklich gewesen, glaub ich.
Claudia: Hast du es dann geschafft, deinen Job zu wechseln?
Pia: Habe ich. Und das war auch noch eine sehr spannende Geschichte, weil ich unbedingt da raus wollte. Ich hab dann auch tatsächlich ein tolles Unternehmen gefunden, das ganz anders getickt hat. Da bin ich auch immer noch und bin da total happy. Da war es aber auch noch so, dass ich viel weniger verdient habe. Und da war ich sehr froh, dass ich diese Transparenz über meine Finanzen schon hatte, denn dann war es nicht mehr so ein waberndes „Oh Gott, oh Gott, kann ich mir das eigentlich leisten, für die zu arbeiten?“ Sondern eine Excel-Fingerübung: Was muss ich von wann bis wann wie runterschrauben, damit ich es mir leisten kann, mit meinem Job glücklich zu sein? (lacht)
Und mir ging‘s beim Arbeiten nie wirklich darum, wahnsinnig viel Geld zu haben, das hab ich dann auch festgestellt. Sondern irgendwie das Gefühl zu haben, ich mache etwas, das mir Spaß macht; ich kann da irgendwie auch dran wachsen, ich lern da was, ich kann mich entwickeln. Und ich brauch einen bestimmten Bodensatz an Kohle, mit dem ich leben kann. Und den konnte ich ausrechnen. Und man wechselt so einen Job ja meistens nicht von heute auf morgen. So konnte ich sagen: Ok, bis ich in 4 Monaten bei euch anfange, kann ich das runter schrauben, sodass ich dann auf dem Level so leben kann und gut leben kann.
Und ohne diese Transparenz vorher wäre das gar nicht möglich gewesen. Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass ich damit überhaupt irgendwie leben kann. Dass ich aus diesem Konzern-Geldsumpf jemals irgendwie wieder rauskomme. Ist aber gar nicht so schwer tatsächlich.
Claudia: Cool. Das heißt, für dich trifft eigentlich dieser Satz zu, den ich in meinem Buch auch schreibe: „Lebensqualität ist wichtiger als Lebensstandard“, richtig? Du hast deinen Lebensstandard eigentlich runter geschraubt, aber wahnsinnig viel an Lebensqualität gewonnen.
Pia: Also ich finde ja dieses Wort Standard… Da bewegt sich ja nicht viel, ne? Der steigt vielleicht, man möchte seinen Lebensstandard eigentlich wieder runterschrauben, aber was ich damit nicht mache ist, zu hinterfragen, was mir das eigentlich bringt. Und wer definiert eigentlich meinen Standard? Das ist wirklich so, dass ich in einem Job anfange und dann verdiene ich mehr und dann hab ich irgendwann mein eigenes Auto, weil man das so hat, und dann hab ich irgendwann mein eigenes Haus, weil man das halt so hat, und dazu muss ich dann aber irgendwann auch meinen Lebensstandard hochschrauben, weil ich sonst nicht mehr mit meiner Peergroup und mit meinen Freunden mithalten kann. Also Standard hat für mich erstmal nicht viel mit Qualität zu tun, außer man baut sich seinen Standard so, dass er einem Lebensqualität gibt, aber dazu muss man ihn ja in der Tat erst mal hinterfragen.
Claudia: Genau, immer wieder hinterfragen. Das ist ja, finde ich, auch immer die wichtigste Übung beim Haushaltsbuch, oder die wichtigste Erkenntnis: Man merkt, wofür man Geld ausgibt, und im ersten Moment nimmt man das vielleicht erst mal einfach nur so hin. Das ist völlig in Ordnung, einfach nur mal nur die Transparenz zu bekommen. Und im nächsten Schritt können wir dann eben überlegen: Wofür möchte ich denn eigentlich mein Geld ausgeben? Und weniger Geld für die Dinge ausgeben, die uns überhaupt keine Lebensqualität bringen, um mehr Geld zu haben für Dinge, die uns Lebensqualität bringen. Sei es Freizeit, sei es eine hohe Sparquote, sei es den Jobwechsel, den Urlaub. Das kann auch die Designerklamotte sein, oder die 150 € Schuhe, spricht überhaupt nichts gegen. Eben das, was mir persönlich Lebensqualität bringt und nicht das, was irgendjemand anderes als Lebensqualität oder eben Lebensstandard bezeichnet. Und schon gar kein Schmerzensgeld.
Pia: Ja genau, Schmerzensgeld. Das ist irgendwie so das Wort dieser Jahre, die mich da irgendwie so umgetrieben haben. Also es ist ja jetzt nicht von heute auf morgen passiert, es hat echt mehrere Jahre gedauert bis, bis ich so viel Transparenz hatte, dass ich da einfach einen Hebel umlegen konnte, weil ich wusste, was die Hebel in meinem Leben machen.
Claudia: Und du hast es ja inzwischen auch geschafft, oder? Du arbeitest jetzt in Teilzeit, richtig?
Pia: Ja.
Claudia: Das war ja dann auch nochmal wieder ein nächster Schritt.
Pia: Total, das war großartig, kann ich auch sehr empfehlen. Es war ganz lustig: Ich hab mein Gehalt von meinem Arbeitgeber damals zu meinem jetzigen Arbeitgeber an diesem Wechselpunkt um 43 % gekürzt. Also ich habe 43 % weniger verdient als vorher. Ich hab auch wirklich gut verdient vorher, aber dann wieder um 43% zu reduzieren, das geht schon nicht einfach so, da musst du schon was machen. Ich hab mein Auto verkauft, alles Mögliche reduziert, irgendwelche Abos gekündigt, die ich sowieso nie gelesen hab, also so Kram. Und dann ging das tatsächlich. Und mein jetziger Arbeitgeber ist da ganz anders drauf, was Gehalt angeht. Die haben auch nicht schlecht bezahlt, die gucken sich nur ihre Gehaltsstruktur auch einmal im Jahr immer wieder an. Und nachdem ich zwei Jahre da war, haben die sich ihr komplettes Gehaltsmodell nochmal angeguckt und haben dann festgestellt: Es ist nicht so richtig marktaktuell, wir müssen jetzt den Leuten auf Basis von dem, was die schon mal so gemacht haben, mehr bezahlen. Und alle in der Firma haben eine ordentliche Gehaltserhöhung bekommen. Das ist bei mir nochmal um 21% wieder hochgegangen von dem damaligen Gehalt. Und ich hab mir gedacht, Moment: 21% mehr Geld könnte auch bedeuten: 21% weniger arbeiten. Wieder: Lebensqualität und Lebensstandard.
Ich konnte dann meinen Standard halten und meine Qualität hochfahren. Nicht, weil ich meinen Job nicht mag, sondern weil ich gedacht hab: Ich kann mich dann ein bisschen selber ausleben. Ich hab dann in diesen 20%, die ich mir freigenommen habe, mein eigenes Ding gemacht. Und hab das, was ich da in dieser Firma gelernt hab, auf eigenen Beinen nebenbei noch mal angeboten und mich ein bisschen ausprobiert…
Claudia: Also als nebenberufliche Selbstständigkeit?
Pia: Genau, genau. Nebenberuflich einfach mein eigenes Bein so ein bisschen ausprobiert. Einfach so ein Spielbein, irgendwie mal ausprobiert. Das wäre auch wahrscheinlich so nicht gegangen, wenn ich nicht gewusst hätte, dass ich auch so über die Runden komme. Ich hab dann auch festgestellt: Mit den 20%, die ich jetzt weniger arbeite, krieg ich potentiell eine Menge mehr Kohle rein, als ich in den 20% mehr arbeiten bekommen hätte. Ich hab aber auch wieder gemerkt: Das ist es gar nicht, was ich will. Ich will mit diesen 20% gar nicht so viel mehr Geld verdienen und so viel mehr arbeiten. Ich möchte etwas ganz Anderes damit machen und hab jetzt wieder auf 90% hochgeschraubt, weil ich gedacht hab: Das ist ganz gut, da kann ich gut arbeiten, krieg ich noch gut Geld und möchte diese 10% trotzdem für mein Wohlsein, mein gutes Gefühl benutzen und diese 10% einfach investieren. Da krieg ich dann super viel Erholung daraus, weil ich halt mein eigenes Ding machen kann, ohne nebenbei groß zu arbeiten. Also zum Beispiel mit meinem Pony zu laufen und die Zeit mit ihm verbringen, das gibt mir wahnsinnig viel Lebensqualität, und da bin ich jetzt ziemlich happy, dass ich da so hingekommen bin. Zu sagen: „Hey, ich muss nicht 8 Stunden am Tag kloppen, weil man das so macht“, sondern “Hey, du gibst mir 20% mehr Geld, darf ich auch 20% weniger arbeiten?“, “Ja klar!“ Ja dann mach ich das doch mal, probier das mal aus, wie das so ist.
Claudia: Sehr cool! Das sind ja auch so Glaubensätze, die wir da zum Teil haben. Ich habe ganz stark dieses Thema, „Man muss hart arbeiten, um Geld zu verdienen“. Ich arbeite stark daran, diesen Glaubenssatz aufzulösen. Das hör ich bei dir so ein bisschen mit durch, dass das zumindest vorhanden war.
Pia: Total. Das ist immer noch ein großes Thema: „Es muss hart sein, um gut zu sein“ ist so die Stimme in meinem Kopf. Wenn du nicht schwer dafür geschuftet hast, dann kann‘s ja nicht richtig gut sein. Aber das Gute ist ja:
Wenn man das mal in seinem Kopf erkannt hat, dann kann man da auch irgendwas dran machen und dann geht es plötzlich auch leicht und dann ist es plötzlich auch gut, obwohl es leicht ist.
Claudia: Verrückt, oder? (lacht) Und im nächsten Schritt kannst du dann vielleicht sogar noch mehr Geld verdienen, obwohl du weniger arbeitest. Das wäre ja dann…
Pia: Das wär der Knaller. Ob das schon erlaubt ist, weiß ich nicht. Ob das schon erlaubt ist… Mal gucken…
Claudia: Ok… Schritt für Schritt. Die Glaubenssätze begleiten uns kontinuierlich überall und auch beim Thema Geld, so ist das.
Welchen Tipp würdest du denn anderen Frauen geben, so aus deiner Erkenntnis der letzten Jahre?
Pia: Ich glaube, wenn ich das hören würde und ich wäre Ich vor sechs Jahren, dann würde ich wahrscheinlich kotzen, wenn ich mich jetzt reden höre und sage: Fangt einfach mal an.
Das ist so ein Satz, der hat mich immer zur Weißglut getrieben damals. Fang einfach mal an. Wenn‘s so einfach wäre, hätte ich‘s ja schon gemacht. Was heißt denn hier einfach? Einfach anfangen ist nicht einfach, sonst würd ich‘s ja tun.
Deswegen überleg ich jetzt gerade so: Was ist denn das, was mir damals geholfen hätte? Ich glaube, es ist so der Gedanke: Du hast am Anfang meistens Angst vor dieser Transparenz, weil du Angst hast, da ein Monster zu finden, was da da sein könnte oder nicht da sein könnte. Das ist wie den Kontoauszug abzuholen oder so. Uahhh ich guck da nicht drauf, weil ich weiß doch aus einem guten Grund nicht, was auf meinem Konto nicht ist. So, dass ich mir denke, so dieses Tracking einfach ma“ zu starten, ohne hinzugucken. Also wirklich nicht hingucken. Mal angenommen, es ist die Angst vor der Transparenz, die einen davon abhält. Diese Ausreden von wegen „Ich bin da nicht zu gekommen“, „Ich hab das immer noch nicht geschafft, mich da mal zu informieren“, das ist diese Prokrastination. Ich hab da irgendwann mal einen Blogartikel zu geschrieben: Prokrastination gibt’s nicht. Das ist einfach nur ein kontinuierliches Depriorisieren von Dingen, mit denen du dich nicht beschäftigen willst.
Claudia: Krass, wer würde denn sowas tun? (lacht)
Pia: Genau. Und dieses „Ich hab das noch nicht geschafft. Ich hab auch noch nicht geschafft, dieses oder jenes mal zu lesen…“ Nein. Du wolltest es noch nicht tun, Punkt. Und sich das einzugestehen, das tut total weh, hilft aber auch. Und wenn man sich das eingestanden hat, kann man auch herausfinden: Warum will ich mir das denn eigentlich nicht antun? Warum will ich mir das nicht angucken und mich da schlau lesen? Und herauszufinden: Wo liegt denn die Angst? Wovor hab ich denn Angst, und wie schlimm kann‘s denn eigentlich wirklich werden? Und wie viel kostet es mich an Nerven, dieses Thema immer wieder auf den nächsten Tag zu vertagen? Dieses To-Do-Ding, was ich immer wieder auf den nächsten Tag schiebe. Gott, wie viel Nerven das sind.
Ja, und da vielleicht zu sagen:
Ich beschäftige mich damit noch nicht, aber ich mach schon mal was.
So, ich hab schon mal eine App, und ich tu da schon mal was rein. Ich guck‘s mir gar nicht an. Und irgendwann hast du nämlich dann statt Angst so eine Neugier. Weil: Du hast ja jetzt schon mal sechs Wochen Daten gesammelt, und dann guckst du da einfach irgendwann so aus Versehen mal rein. In dem Moment, in dem dein kleines Panikmännchen gerade kurz ein Nickerchen macht, hast du plötzlich das Handy in der Hand und klickst einfach mal drauf und sagst dann: „So schlimm ist es ja gar nicht“. Und dann ist die erste Hürde vielleicht irgendwie umschifft, denn man muss manchmal nicht durch die Hürden, man kann auch erstmals drumherum laufen. Dauert vielleicht ein bisschen länger, aber man muss halt nicht immer mit dem Kopf durch die Wand, sagt dieses kleine neue Männchen in meinem Kopf, das gegen den Glaubenssatz kämpft.
Claudia: Es muss hart sein (lacht)
Pia: Genau. Ja, also vielleicht ist das etwas, das helfen könnte. Dieses „einfach anfangen“ ist manchmal nicht so einfach. Und dann gibt’s vielleicht irgendetwas, was noch nicht mal anfangen ist. Ein Stück davor. Und sich auf die To-Do-Liste zu schreiben: die erste Haushaltsbuch-App installieren, die mir der AppStore vorschlägt. Das ist ein To-Do, das kann ich jederzeit machen, das tut überhaupt noch nicht weh. Denn wenn ich sage: „Altersvorsorge klären“, da krieg ich schon Gänsehaut und graue Haare, wenn ich da nur dran denke. Das werde ich auf gar keinen Fall anfassen, ever. Egal, wie lange es da steht, ich werde das niemals so anfassen.
Claudia: Und selbst, wenn ich es nicht Altersvorsorge, sondern Altersvorfreude nenne, ist es immer noch zu groß. Macht schon viel mehr Spaß…
Pia: Bester Tipp ever, wirklich bester Tipp ever. Ich hab‘s bei mir tatsächlich verändert in Altersvorfreude und hatte plötzlich wenigstens Lust, mir mal ein ETF-Video anzugucken. Großartig!
Es sind die kleinen Dinge.
Claudia: Die kleinen Dinge, genau. Ich find das total gut, dieses Anfangen, ohne anzufangen. Ich sag ja auch immer: Kleine Schritte sind besser als keine Schritte und im Zweifelsfall auch besser als große Schritte, denn dann können wir Schritt für Schritt und auch leichter wieder die Richtung anpassen. Aber dieses „Schritte vorbereiten, ohne tatsächlich loszulaufen“ oder so. Einfach mal machen, find ich total großartig. Das gefällt mir.
Pia: Das ist total gruselig. Es fühlt sich total gruselig an, und wenn man dann den ersten Schritt gemacht hat, dann hat man plötzlich statt dem großen Zeh vielleicht schon den ganzen Fuß im kalten Wasser und merkt: Ist eigentlich ganz erfrischend.
Claudia: Ja, oder auch: Es ist kalt, aber ich komm dadurch, ich erfriere nicht. Ist ja auch in Ordnung, es kann durchaus mal kalt sein.
Pia: Es gibt irgendeinen psychologischen Begriff dafür, dass wir etwas, was ansteht, als schöner oder schlimmer erwarten, als es dann wirklich ist. Ich weiß leider nicht, wie es heißt, aber: Es ist garantiert nicht so schlimm, wie du‘s dir vorstellst, aber selbst das ist schon wieder dieses „im Kopf miteinander Ringen“. Und dieses Ringen zu umschiffen und zu sagen: So, ich installier hier jetzt nur so eine App, da passiert überhaupt nichts mit. Können sich alle Monsterstimmen in meinem Kopf, die Angst davor haben, erstmal wieder hinlegen, wir machen ja noch nichts, ist ja noch nichts passiert.
Claudia: Cool! Was sind denn bei dir die nächsten Schritte, die so anstehen?
Pia: Die nächsten Schritte… Ich habe mittlerweile ein Depot.
Claudia: Herzlichen Glückwunsch!
Pia: Ja, wirklich, ich beglückwünsche mich auch wahnsinnig dafür. Die nächsten Schritte sind tatsächlich, mir da Dinge reinzutun. Das ist aber auch noch zu groß, merk ich. Weil, ich müsste mir ja alle ETFs der ganzen Welt angucken, um zu entscheiden, was auf JEDEN Fall die richtige Entscheidung ist. Weil, oh mein Gott, stell dir mal vor, ich hab in meine Glaskugel nicht so richtig reingeguckt und hab nicht predicted, was in 25 Jahren auf der Welt so passiert! Was natürlich nicht geht, ne? Das heißt, der nächste Schritt, der nächste kleine Schritt: Ich hab drei Links im Internet, ich weiß ganz genau: das guck ich mir an, dann guck ich mir das an, dann guck ich mir das an. Und danach bin ich wieder schlauer und entscheide, was der nächste Schritt ist. Und mehr hab ich mir bis jetzt noch nicht vorgenommen. Ich weiß, dass das Ziel ist, das so wie du zu machen: Mich irgendwo in die Sonne mit einem Kaffee zu setzen und zu sagen: Ich chill heute, weil mein Geld für mich arbeitet.
Claudia: Yes, bestes Gefühl!
Pia: Das war der beste Post ever! Der hat mich richtig motiviert, ohne Scheiß. Da hab ich gedacht: Kacke, das will ich auch! Weil diese Hintergrundsorgen, so: „Ooh du hast immer noch nichts dafür gemacht, du hast immer noch nichts dafür gemacht. Die letzten 20 Jahre hättest du schon was machen können, hast du aber nicht, und gestern war der beste Tag, heute ist schon nicht mehr so ein guter Tag dafür“, das macht einen fertig.
Claudia: Da kann ich dir den nächsten Spruch mitgeben: „80 % richtig ist besser als 100 % nicht gemacht“, auch aus meinem Buch. Und auch gerade beim Thema ETF kann ich dir sogar versprechen, dass es nicht möglich ist, den perfekten ETF zu finden, der dich über die nächsten 25 Jahre glücklich macht, sondern die verändern sich die ganze Zeit. Und das ist das Schöne! Die werden immer besser, und das heißt eben auch: Wir müssen jetzt nicht den Perfekten finden, denn der wird in zwei Jahren nicht mehr der Perfekte sein, oder in fünf oder so. Sondern einfach jetzt einen raussuchen und dann anpassen. Dann wieder mit den kleinen Schritten anpassen, das funktioniert ganz hervorragend in so vielen Lebensbereichen und eben auch beim Thema Investieren.
Pia: Cool, ich mach das gleich einfach mal. Zack! (lacht)
Claudia: Es ist nicht schwierig. (lacht) Und dann ab in die Sonne.
Pia: Ja genau. Mit einem Kaffee. Ja, das Gefühl möchte ich haben, so möchte ich mich fühlen.
Ich möchte das Gefühl haben, dass da was für mich arbeitet und ich muss mich nicht die ganze Zeit darum sorgen. Wie viel Kapazität das in meinem Kopf frei geben kann, das merk ich schon. Freue ich mich drauf.
Claudia: Genau, genau, diese dunkle Wolke, die irgendwie die ganze Zeit dahinten so ein bisschen einen Schatten wirft, die kann man dann loswerden. Und es ist so: Es gibt nicht den perfekten ETF oder den perfekten Fond, und es gibt auch nicht den perfekten Zeitpunkt. Also ich meine, natürlich wäre es vor 20 Jahren besser gewesen als gestern und gestern besser als heute. Aber eigentlich wäre es vor 200 Jahren, warum haben denn bitte unsere Vorfahren damals nicht auch schon einfach ihr Geld investiert, ja? Die hätten das mal tun sollen, das wäre der perfekte Zeitpunkt gewesen!
Blödsinn, den perfekten Zeitpunkt gibt es nicht und das heißt aber im Umkehrschluss auch: Es gibt keinen so wirklich falschen Zeitpunkt. Das heißt, einfach machen, heute ist super und morgen ist auch gut. Und dann lieber morgen als erst nächstes Jahr, das ist das Einzige. Keine Eile, aber doch so ein kontinuierliches Weitergehen, das ist das Wichtige.
Pia: Ok, ja ich werd es mir hinter die Ohren schreiben. Es ist ja auch tatsächlich gar nicht so schwer. Ich hab immer gedacht, es ist wahnsinnig schwierig, aber so schwer ist es am Ende ja nicht. Hauptsache, es passiert irgendwas.
Claudia: Ja, und es ist wirklich nicht kompliziert, das ist das Schöne. Man kann das alles lernen. Wir Menschen sind so gut darin, neue Dinge zu lernen; das ist das, was wir gut können. Und wenn wir uns vornehmen, etwas zum Thema Finanzen zu lernen, dann können wir das. Ist überhaupt kein Problem.
Pia: Dein Wort in Gottes Ohr. (Lacht) Sehr gut.
Claudia: (lacht) Vielen Dank Pia. Möchtest du noch letzte, abschließende Worte sagen?
Pia: Vielleicht, wenn ich jetzt hier in die Welt herausbrülle, dass ich in zwei Wochen spätestens mein Depot mal bestückt habe mit einem ersten ETF, dann hab ich mich jetzt hiermit committed.
Claudia: Öffentliches Zeugnis hier.
Pia: Ja genau, heute in zwei Wochen hab ich ein bestücktes ETF-Depot und einen Sparplan darauf eingerichtet.
Claudia: Mega! Also ich lade dich hiermit offiziell zur nächsten Folge ein von ‚How She Did It‘, damit wir dann wissen: Hat’s auch wirklich funktioniert? (lacht)
Pia: Was hab ich getan… (lacht)
Claudia: Ok cool, in zwei Wochen. Ich merk’s mir, ich schreib’s mir auf!
Pia: Das hatte ich befürchtet.
Claudia: Cool! Ganz, ganz herzlichen Dank, Pia!
Pia: Vielen Dank, es hat sehr viel Spaß gemacht.
Claudia: Mir auch, total. Und ich hoffe, euch, liebe Zuschauerinnen und Leserinnen, hat es auch etwas gebracht. Einfach machen, im Zweifelsfall ohne zu machen und die Transparenz ist das Wichtigste, dann erkennen wir das kleine Monster unterm Bett und finden heraus, was es braucht, damit es ein treues Haustier wird, oder so. Ja, vielen Dank und bis zum nächsten Mal.
Pia: Tschüss!