Girl Math – harmlose Schönrechnerei oder Geschlechterklischee?
„Mädchen tun sich schwer mit Mathe und Jungs mit Sprachen.“ Gähn, diese Gender-Klischees sind längstein alter Hut- dachten wir zumindest, aber sie erleben scheinbar gerade ein Revival der fragwürdigen Art…
Girl Math als aktueller Trend
Unter dem Hashtag „Girl Math“ kursieren seit Monaten viele Beiträge auf Social Media, in denen weiblich gelesene Personen sich auf teilweise abstruse Art und Weise, also mit „schlechter Mathematik“, ihre Konsumausgaben schönrechnen bzw. rechtfertigen. Der Trend hat dabei nur entfernt etwas mit Mathe zu tun, es geht im Grunde um (weibliche?) finanzielle Fehlentscheidungen und fehlende finanzielle Bildung.
Ein paar Beispiele:
🤔 “Wenn etwas um 10 Euro reduziert ist, habe ich 10 Euro gespart.”
🤔 “Bargeld ist kein echtes Geld. Mein Kontostand ändert sich nicht, wenn ich nur Bargeld ausgebe.”
🤔 “Im Sale nichts zu kaufen, bedeutet, Verlust zu machen.”
🤔 “Sachen unter 5 Euro sind quasi kostenlos.”
🤔 “Wenn ich mir eine Handtasche für 300 € kaufe (obwohl ich genug Taschen habe) und ich sie jeden Tag trage, dann ist der Cost-per-Wear-Preis unter einem Euro, yay!”
Aber mal Hand aufs Herz: sind wirklich nur „Girls“ von schlechtem Umgang mit Geld betroffen? Wir bezweifeln es… Laut verschiedener Studien sind Frauen auf jeden Fall die besseren Investorinnen. Wollen wir an dieser Stelle kurz erwähnen. 😉
Unsere geschätzte Kollegin Fortunalista hat sich den Trend mal anders vorgeknöpft, aber seht selbst: hier geht’s zu ihrem Beitrag auf Instagram.
Wie alles begann
Ursprung des Hashtags ist übrigens die neuseeländische Radioshow „Fletch, Vaughan & Hayley“. In dieser Show gibt es eine eigene Rubrik mit dem Namen „Girl Math“. Sie wurde ins Leben gerufen, um den meist weiblich gelesenen Anruferinnen die Möglichkeit zu geben, gemeinsam ihre Shoppingsünden schönzurechnen. Die Moderatorinnen* rechnen nicht ganz ernst gemeint vor, wieso eine sündhafte teure Anschaffung keine Geldverschwendung, sondern eine geniale Investition ist.
Boy Math – die Antwort auf diesen Trend?
„Boy Math“ hat noch weniger mit Mathe zu tun als Girl Math, denn hier ist man direkt dazu übergegangen, humorvolle Anspielungen auf unlogische Verhaltensweisen von Männern zu machen. Das kann auch mit Finanzen zu tun haben, hat es aber in den wenigsten Fällen, wie die folgenden Beispiele zeigen:
🤓 Boy Math ist zu sagen, dass Frauen für Machtpositionen zu emotional sind und dann Löcher in die Wände zu hauen, wenn man sauer bist.
🤓 Boy Math is how 5’10’’ measures 6’. / Boy Math ist wenn 1,72 m auf 1,80 aufgerundet wird. (beliebte Vorgehensweise von Männer auf Datingprofilen)
🤓 Boy math is wanting 0 kids, but having 0 condoms on hand. / Boy Math ist 0 Kinder zu wollen, aber 0 Kondom dabei zu haben.
🤓 Boy math is telling everyone you won an election when you lost by millions of votes. / Boy Math ist zu erzählen, du hast eine Wahl gewonnen, auch wenn du den Sieg um Millionen von Stimmen verpasst hast.
🤓 Auch Internetphänomen El Hotzo versucht sich scherzhaft an Finanztipps à la Boy Math: „eine durchschnittliche Powerbank aufzuladen kostet circa 3ct, wenn man pro 80 € Bahnfahrt also rund 2700 Powerbanks auflädt, fährt man gratis“ (…)
Was wollen uns diese Trends sagen?
Natürlich wird hier mit Geschlechterstereotypen gespielt. Bei Girl Math geht es vor allem um die dümmliche Frau, die etliche unnötige Sachen kauft, am besten mit der Kreditkarte des hart arbeitenden reichen Ehemannes. Das zugrundeliegende Vorurteil dazu: Frauen können nicht mit Geld umgehen (und haben deshalb kaum welches). Dabei wissen wir längst alle, dass dem natürlich nicht so ist. Mit dem Phänomen Boy Math wird zum Gegenschlag ausgeholt und vermeintlich stereotype Verhaltensweisen von Männern, vor allem in den Bereichen Beziehung und Sexualität, ordentlich auf die Schippe genommen.
Spaßbudget macht Girl Math überflüssig
Alle Geschlechter treffen bisweilen fragwürdige finanzielle Entscheidungen und das ist okay! Zwischendurch mal Geld für „unnötigen“ Konsum rauszuhauen oder einem Black Friday Deal zu verfallen, ist menschlich und passiert den ausgebufftesten Finanzprofis. Schnäppchen können sich ja auch wirklich lohnen, vor allem, wenn eine Anschaffung ohnehin geplant war. Kein Grund also, sich für deinen Konsum in Nonsense-Rechtfertigungen zu verstricken. Du kannst dir genau dafür auch ein Spaß-Budget anlegen, also einen Teil deines Geldes genau für solche „unvernünftigen“ Ausgaben einplanen. Dann kickt das schlechte Gewissen sicher nicht ganz so hart, wenn du solche Ausgaben easy miteinplanst. Wenn du mehr über kluge Budgetplanung erfahren möchtest, lies gerne hier weiter.
*Wegen der besseren Lesbarkeit benutzen wir nur die weibliche Form. Alle anderen Menschen sind explizit mitgemeint.
Liebes Team, über Girl- und Boy- Math habe ich herzlich gelacht. – Nicht gelacht habe ich über den von euch hingewiesenen Artikel von Marcel Fratscher. Es ist ewig das gleiche Lied: Umverteilung. Dabei gehen 57,5% des Staatshaushalts bereits in die Umverteilung. Und 10% der Bevölkerung tragen 54% der Steuern. Richtig wäre allerdings, die Gering-Steuerzahler überhaupt von Steuern freizustellen, um die dann freigewordene Man/Woman-Power der Finanzämter vernünftig einzusetzen. Liebe Grüße, Christel
Liebe Christel,
danke für dein Feedback und deine interessanten Gedanken zum Fratzscher Artikel, da gibt es auf jeden Fall viel Potential für Veränderung…
Liebe Grüße
dein 3f-Team