Der Tod macht alle Menschen gleich? Weit gefehlt!
Die Lohnlücke (Gender Pay Gap), Rentenlücke (Gender Pension Gap) oder auch Lebenseinkommenslücke (Gender Lifetime Earnings Gap) kennen wir mittlerweile. Aber wusstest du, dass es auch eine Erbschafts- und Schenkungslücke (Gender Gift Gap) gibt? Halt dich fest, es ist… leider nicht überraschend.
Wie du hier nachlesen kannst, ist die Höhe des Freibetrags und auch die Höhe der Erbschafts- oder Schenkungssteuer abhängig vom Beziehungsgrad zwischen Erblasserin* und Erbin. Doch es gibt nicht nur in der Höhe der steuerlichen Abgaben Unterschiede. Auch bei der Erbsumme gibt es deutliche Unterschiede – die gehen allerdings nicht immer nur vom Staat aus…
Kulturelle Unterschiede
Es gibt interessante kulturelle Unterschiede, wenn es um den Umgang mit Geld und Erbe geht. In den USA ist es vollkommen normal, den eigenen Reichtum zur Schau zu stellen. Er wird auch genutzt, um damit Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen zu lenken, beispielsweise durch Spendengalas, Spendenaufrufe oder Stiftungsarbeit. Ein Großteil des Erbes wird häufig bereits zu Lebzeiten an die Nachkommen vererbt oder an wohltätige Zwecke gespendet. Am Lebensende ist nicht mehr viel übrig, das es zu vererben gäbe. In Deutschland wird Reichtum eher verborgen gehalten; man möchte nicht zu viel Aufmerksamkeit erregen, denn wie war das? Über Geld spricht man nicht! Die Nachkommen bekommen zwar eventuell eine kleine Schenkung zu Lebzeiten, aber der Großteil wird häufig bis ans Lebensende im Verborgenen zusammengehalten und kommt erst mit Testamentseröffnung ans Tageslicht.
Der Volksmund sagt: In den USA lebt man reich wie Krösus und stirbt arm wie eine Kirchenmaus. In Deutschland ist es andersherum: Leben wie eine Kirchenmaus, sterben wie Krösus.
Die geschlechterspezifische Erbschaftslücke
Du dachtest, die Gender Gaps hören irgendwann auch mal auf? Falsch gedacht! Durchschnittlich erben Töchter 13 Prozent weniger als Söhne. Bei den Schenkungen ist der Unterschied noch viel größer: Töchter bekommen 37 Prozent weniger vermacht als Söhne!1 Das liegt vor allem daran, dass Unternehmen und Betriebsvermögen deutlich häufiger an Söhne übergeben werden als an Töchter. Söhne bekommen ihren Teil des Erbes also schon in früheren Jahren, wenn die Erblasserin z. B. in Rente geht und das Familienunternehmen an die nächste Generation weitergegeben wird. Damit haben sie dann den größten Teil ihres Erwachsenenlebens Zeit, dieses Vermögen zu vermehren. Töchter bekommen seltener eine Schenkung (also eine Übertragung von Vermögenswerten zu Lebzeiten), sondern erhalten eine klassische Erbschaft am Ende des Lebens der Erblasserin. Diese Erbschaft ist häufig kein Unternehmen, sondern eher ein Vermögen bestehend aus Aktien oder Bargeld. Damit ist der Wert meistens viel niedriger. Außerdem fallen auf „klassisches“ Vermögen (Bargeld, Aktien) höhere Steuern an als auf vererbte oder verschenkte Unternehmen oder Immobilien. Heißt: Frauen erben nicht nur weniger, sondern zahlen auf ihr Erbe auch noch höhere Steuern. Doppelt ärgerlich!
Doch die gute Nachricht ist: Jede von uns kann etwas zum Schließen des Gender Gift Gaps beitragen: Wenn du bereits weißt, dass du ein (Betriebs-)Vermögen zu verschenken oder zu vererben hast, hinterfrage kritisch, wie du vorgehen willst: Wann willst du wem was/wie viel zukommen lassen? Vielleicht entscheidest du nach dem Lesen unseres Blogbeitrags anders. Falls nicht, ist das auch okay. Hauptsache du triffst reflektierte Entscheidungen.
Wenn du selbst einmal erben wirst, dann habe den Mut und spreche mit deinen (Groß-)Eltern über dieses Thema. Das hat nichts mit Egoismus oder Gier zu tun, sondern mit cleverer, solider und generationenübergreifender Finanzplanung. Natürlich kann die Hemmschwelle je nach Familien-DNA hoch sein, vor allem, wenn bisher eher “Über Geld spricht man nicht” die Maxime war. Aber du kannst die Cyclebreakerin sein, wenn du willst! Nur Mut, es lohnt sich, im wahrsten Sinne des Wortes!