Arm trotz Reichtum? So sieht Geld-Dysmorphie aus

Warum fühlen wir uns in einer Gesellschaft des Überflusses so oft arm? Was steckt hinter dem ständigen Verlangen nach mehr? Und wie können wir lernen, mit unseren Finanzen zufrieden zu sein? Die Antwort ist simpel und doch schwer aufzudecken: Geld-Dysmorphie.

 

Warum fühlen wir uns so pleite?

Die gute Nachricht zuerst: Du bist nicht allein! Immer mehr (junge) Menschen plagt das Gefühl, finanziell nicht genug zu haben – ca. 26 % der unter 25-Jährigen gelten als armutsgefährdet.[1] 43 % der Gen Z (also Menschen zwischen ungefähr 15 und 30 Jahren) und 41 % der Millennials (ca. 30 – 45 Jahre) leiden unter einem Phänomen, das sich Geld-Dysmorphie nennt. Das heißt, sie haben eine verzerrte Wahrnehmung ihrer finanziellen Situation: entweder denken sie, dass es ihnen finanziell wirklich gut geht und sie geben ihr Geld für Luxusgüter und einen teuren Lifestyle aus, ohne jedoch die finanziellen Ressourcen oder das Bewusstsein dafür zu haben. Oder das komplette Gegenteil: es geht einer Person finanziell sehr viel besser, als sie eigentlich denkt und die Person fühlt sich permanent finanziell unter Druck. 👇

Konkret fühlen sich 48 % der Gen Z und 41 % der Millennials finanziell in Verzug… als wären sie nicht da, wo sie eigentlich sein sollten oder wollten. So oberflächlich es auch klingt, wir verbringen unendlich viel Zeit in den sozialen Medien und nehmen unterbewusst mehr auf, als wir oft denken. Was wir dort sehen ist meistens einheitlich: Reichtum, Luxus, Wohlstand ✨ – kein Wunder, dass wir „Normalos“ das auch gerne hätten. Laut Finanzinstitut Intuit Credit Karma sind ca. 45 % der Gen Z und der Millennials fokussiert darauf, reich zu werden.[2] Und das sitzt: die Angst vor der Zukunft und der Druck, immer mehr zu haben, ist allgegenwärtig.

 

Alle sind Teil der Mittelschicht?

Ganz egal, wie es finanziell bei uns in der Realität aussieht, eines wollen wir scheinbar alle: ein Teil der Mittelschicht sein. Laut DIW Berlin zählen sich sechs von sieben Spitzenverdienerinnen* zur Mittelschicht [3] – auch hier ist die Wahrnehmung weit weg von der Realität… Tatsächlich gehören nur 56 % der Gesellschaft zur Mittelschicht, Tendenz schrumpfend.  Laut Wirtschaftsökonom Marcel Fratzscher liegt das vor allem an einem: an unserem Wunsch der sozialen Teilhabe. Mittelschicht, das klingt nach hart arbeitenden Menschen, die sich ihren Wohlstand verdient haben. Und ganz ehrlich, wollen wir das nicht alle von uns behaupten können? Anerkennung für unsere Leistung bekommen? In der Realität sieht es in Deutschland aktuell jedoch anders aus. Unser Wohlstand ist heutzutage viel weniger an Arbeit und Fleiß geknüpft, sondern vielmehr an Glück und Klassismus.

 

Was kannst du gegen Geld-Dysmorphie tun?

  1. Social Media Detox: Eine Auszeit von Instagram & Co. kann immer wieder Wunder wirken und sollte regelmäßig in deinem Leben stattfinden. Danach kannst du bewusster entscheiden, wem du folgst und was eigentlich “normal” & wichtig in deinem Leben ist. Du kannst auch deine Bildschirmzeit tracken, um zu verhindern, dass du in diverse rabbit holes plumpst. (gibt auch Apps dafür!).
  2. Haushaltsplan: Wissen ist Macht! Ein Haushaltsplan hilft dir, den Überblick über deine Ausgaben zu behalten. Nach 3 Monaten bist du perfekt im Bild über deine Ausgaben und Einnahmen.
  3. Realistische Ziele: Setze dir konkrete finanzielle Ziele (Was willst du in den nächsten fünf Jahren/ zehn Jahren/ darüber hinaus erreichen?) und überprüfe regelmäßig, ob du auf dem richtigen Weg bist.
  4. Finanzielles Wissen: Sprich mit anderen über Finanzen, finde heraus, was ein übliches Gehalt in deiner Branche ist. Informiere dich über Finanzen, Investitionen und das Wirtschaftssystem. So kannst du deine Situation selbstständig und realistisch einordnen, ohne dass Influencerinnen und Co. dir reinreden.
  5. Mindset ändern: Überlege, was du wirklich im Leben brauchst: vielleicht ist ein minimalistischer oder bewusster Lebensstil auch etwas für dich (Stichwort: Frugalismus).

Geld ist wichtig, aber es ist nicht alles. Lass dich nicht von den Inszenierungen in den sozialen Medien täuschen und vergiss nicht, dass Vergleiche „thiefs of joy“ sind. Konzentriere dich auf das, was du hast, und vergleiche dich, wenn überhaupt, nur mit dir selbst und arbeite daran, deine finanzielle Situation zu verbessern.

 

* Wegen der besseren Lesbarkeit benutzen wir nur die weibliche Form. Alle Menschen sind explizit mitgemeint.

[1] Armutsgefährdungsquoten von Familien | Die soziale Situation in Deutschland | bpb.de

[2] Gen Z and millennials are obsessed with the idea of being rich, and it could be leading to money dysmorphia. – Intuit Credit Karma

[3] DIW Berlin: Warum jeder gerne Mittelschicht wäre

 

 
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