Freundschaftspreis
Wenn man ein Unternehmen gründet, bekommt man häufig die Frage, ob man einen Freundschaftspreis anbietet.
“Oh, du besitzt ein Restaurant? Cool, die nächste Runde geht auf dich!”
“Du bist Landschaftsarchitektin? Ich lade dich demnächst zum Essen ein, und dann gehen wir eine Runde durch unseren Garten und du sagst mir, was dir dazu einfällt.”
Natürlich gebe ich gerne auch mal kostenlose Ratschläge. Aber zu einer Ärztin* würdest du ja auch nicht ohne deine Krankenversicherungskarte gehen.
Und natürlich gibt es auch die anderen Freunde, die sagen: “Du besitzt ein Restaurant? Cool, ich komme mit allen meinen Freunden und wir bestellen das teuerste Gericht auf der Speisekarte!”
Tatsächlich kommt das so häufig vor, dass ich von einer Expertin des Social Impact Labs (das Stipendium, das ich für 3f bekommen habe) gewarnt worden bin: “Von einem Freundschaftspreis erholst du dich nie!” Es ist ja auch schwierig: Als Unternehmensgründerin ist man über jede Kundin froh, freut sich über gutes Feedback, ist dankbar für Reichweite. Für das eigene Unternehmen geht man über viele Steine und ist bereit, alles dafür zu geben, dass es wächst. Auch einen Freundschaftspreis akzeptieren wir in der Hoffnung, uns dadurch hocharbeiten zu können.
Dabei spricht nichts dagegen, einen bewussten Rabatt einzuräumen. Bei mir gibt es zum Beispiel für Menschen, die in einer finanziell dünneren Situation sind, immer die Möglichkeit, einen reduzierten Preis zu zahlen. Niemand soll aus finanziellen Gründen von Finanzbildung ausgeschlossen werden.
Um so etwas anbieten zu können, ist es aber wichtig, viele Freunde zu haben, die den vollen Preis bezahlen. Denn es ist niemandem geholfen, wenn du wegen lauter Freundschaftspreise dein Unternehmen schließen musst.
Wie wäre es, wenn wir einen Freundschaftspreis andersherum denken würden:
“Ich bin deine Freundin, deshalb möchte ich dir einen Freundschaftspreis zahlen. Ich zahle 20 % mehr.”
Das ist die Art Freundschaftspreis, die ich gerne sehe.
*Wie immer nutze ich für die leichtere Lesbarkeit nur die weibliche Form. Männer sind natürlich mitgemeint.
Guten Morgen Claudia!
Es fällt schwer umzudenken, aber du hast recht!
Ute
Sehr wahr! Tatsächlich meinen viele Leute, bei einem Unternehmen würde das Geld irgendwie vom Himmel fallen.
Wenn ich jedes Mal, wenn ich gefragt wurde, ob ich „mal eben“ für „eine alte Freundin“* eine App oder eine Website bauen kann, oder mal eben den Drucker einrichten, das Internetproblem beheben oder die Mail mit dem riesigen Anhang verschicken kann, einen Euro bekommen hätte, ich könnte mir den ein oder anderen Wocheneinkauf leisten.
*der einfacheren Lesbarkeit halber benutze auch ich absofort die weibliche Form. Manner sind auch bei mir explizit mitgemeint 😉