Von Dänemark bis Singapur: Was Deutschland in Sachen Finanzbildung lernen kann

In einer immer komplexer werdenden Welt ist finanzielle Bildung oder Financial Literacy zu einer wichtigen Fähigkeit geworden. Sie hilft Menschen dabei, gute finanzielle Entscheidungen zu treffen, Schulden zu vermeiden bzw. zu managen und für die Zukunft vorzusorgen.

Doch wie gelingt finanzielle Bildung? Auf diese Frage gibt es sicher mehr als eine richtige Antwort. Manche stellen sich diese Frage (noch) gar nicht oder haben erst kürzlich die Dringlichkeit dieses Themas erkannt (looking at you, Deutschland!). In diesem Beitrag wollen wir uns näher anschauen, wie es um die finanzielle Bildung in Deutschland bestellt ist und warum es sich lohnt, den Blick über den Tellerrand zu werfen, anstatt  das Rad neu zu erfinden.

 

Die Lage der Nation

93 Prozent der jungen Deutschen wünschen sich laut SCHUFA Jugend-Finanzmonitor ein Schulfach Finanzen[1]. Die befragten Jugendlichen im Alter von 14 bis 24 Jahren wünschen sich vor allem mehr Informationen zu den Themen „Umgang mit Geld“, „Möglichkeiten der Altersvorsorge“, „Informationen zum Wirtschafts- bzw. Finanzsystem“ sowie „Möglichkeiten der Geldanlage“. Das sind die absoluten Basics, die alle Menschen im Laufe ihres Lebens lernen sollten. An Schulen in Deutschland gibt es bislang keine flächendeckende finanzielle Bildung. Nur zwei Bundesländer (NRW und Baden-Württemberg) haben bisher „Wirtschaft“ als verpflichtendes Schulfach oder Unterrichtseinheit eingeführt. Aktuell gibt es also kaum bis keine Möglichkeit, fundiertes finanzielles Wissen in deutschen Bildungseinrichtungen zu erwerben. So bleibt es bislang dem Zufall überlassen, ob ein (junger) Mensch (ausreichende) finanzielle Bildung durch das Elternhaus oder Umfeld erwirbt oder eben nicht. Finanzielle Bildung als (Zufalls-)Privileg…gar keine gute Idee!

 

 

Initiative „Finanzielle Bildung“

Fast alle der 38 Mitgliedsstaaten der OECD verfolgen eine konzertierte nationale Strategie, die finanzielle Bildung fördern und sicherstellen soll. Spätzünder Deutschland hat erst im Jahr 2023 die Initiative „Finanzielle Bildung“ ins Leben gerufen, ohne allerdings bis dato einen konkreten „Fahrplan“ und/oder Ergebnisse vorzulegen. Es gibt in Deutschland bereits viele engagierte Akteurinnen*, die versuchen, diese offensichtliche Lücke zu schließen, so z. B. der Geldlehrer e. V. , der ehrenamtlich ausgebildete Geldlehrerinnen an Schulen im gesamten Land schickt, um Geldunterricht zu geben. Auch wir zählen uns zu der Speerspitze dieses Guerilla-Aufklärungskommandos 👩‍🎤: Wir bieten Arbeitgebern an, finanzielle Bildung im Rahmen ihrer Weiterbildungsangebote niedrigschwellig an die Frau zu bringen. Außerdem sind wir immer wieder im Rahmen von pro bono Projekten an deutschen Schulen unterwegs und unterrichten „Finance for Future“. Es gibt in Deutschland noch viel zu tun für die Politik, genau deshalb sollte unser Blick über die Landesgrenzen gehen, um zu sehen, welche Antworten andere Länder auf die Frage nach gelingender finanzieller Bildung gefunden haben.

 

Klassenprimus Dänemark

 Unser Nachbar im Norden macht so einiges richtig: Schulkinder im Alter von 13-15 Jahren erhalten bereits seit 2015 verpflichtend Unterricht zu finanzieller Bildung. Dabei werden Basics wie Budgetieren, Sparen und Investieren, Bankwesen und Verbraucherinnenrechte[2] besprochen.

Außerdem findet jedes Jahr die „Danish Money Week“ statt: eine Woche lang besuchen Menschen aus der Finanzbranche die Schülerinnen in den Schulen und vermitteln aus unterschiedlichen Perspektiven, wie wichtig finanzielle Bildung für junge Menschen ist.

Und die Maßnahmen geben Dänemark recht: das Land hat eine der höchsten Raten finanzieller Bildung weltweit.[3]

Prozentzahlen finanziell gebildetet Erwachsene weltweit

Singapur

Singapur hat 2003 (!) das “MoneySense” Programm  eingeführt, das umfassende Ressourcen und Workshops zur finanziellen Bildung bietet. Es richtet sich an alle Altersgruppen und fördert ein besseres Verständnis für finanzielle Entscheidungen. Auch extra für Kinder sind Workshops und E-Learning-Module verfügbar. Das für das Programm verantwortliche Institute for Financial Literacy veranstaltet Workshops für Arbeitgeber genau wie das Female Finance Forum! Wen die Sprachbarriere nicht abschreckt, kann sich die englischsprachige Ressource hier genauer ansehen.  Das Program beinhaltet sogar eine „Financial Health Clinic” , auf deren Seite Menschen eine kostenlose 1:1 Online-Beratung mit einer Finanzärztin ehh -expertin buchen können. Wie cool und niedrigschwellig ist das bitte?!

 

Australien

Die Australian Securities and Investments Commission (ASIC) hat 2011 das Programm/die Online-Plattform “MoneySmart” ins Leben gerufen. Ähnlich wie MoneySense aus Singapur ist es Teil der nationalen Finanzbildungstrategie und bietet eine breite Palette an Ressourcen und Tools zur finanziellen Bildung für Menschen jeden Alters und in jeder Lebenslage.

 

USA

In den USA findet jedes Jahr im April der “Financial Literacy Month” statt. Einen Monat lang nutzen verschiedene Organisationen und Institutionen die Gelegenheit, um Menschen dabei zu unterstützen, finanzielle Kompetenz zu erlangen. Community Events, Workshops und Wettbewerbe sind Teil der Initiative, aber auch Unternehmen bieten ihren Mitarbeiterinnen während des Financial Literacy Month spezielle Schulungen an: Dies kann durch Lunch and Learn-Sitzungen, Informationsmaterial oder Zugang zu Finanzberatungen geschehen.

 

Andere Länder, andere Finanzbildungsstrategien! Es gibt bereits tolle Ideen und Umsetzungen, an denen wir uns in Deutschland unbedingt orientieren sollten. Für mehr finanzielle Bildung für Deutschland!

 
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