Vom Gender Pay Gap und anderen Lücken

Vom „Gender Pay Gap“, der geschlechterspezifischen Lohnlücke, hast du vermutlich schon mal gehört, auch wir haben hier darüber berichtet. Dass dieser Begriff aktuell verstärkt durch die Medien geht, hat u. a. mit dem Equal Pay Day zu tun, der am 07. März 2023 stattfand. Dieses Datum leitet sich direkt vom aktuellen Gender Pay Gap ab: der Gehaltsunterschied pro Stunde zwischen Männern und Frauen betrug 2022, genau wie bereits im Vorjahr, 18 %. In Kalendertage umgerechnet bedeutet das: Bis zum 07. März 2023 haben wir Frauen unentgeltlich gearbeitet. Aber warum ist das (immer noch) so? Schauen wir uns die verschiedenen Gründe für Verdienstungleichheit genauer an.

Der Gender Pay Gap – das Fieberthermometer

Es gibt den unbereinigten und den bereinigten Gender Pay Gap. Der unbereinigte Gender Pay Gap ist der Unterscheid zwischen dem durchschnittlichen Stundenlohn von Frauen und Männern, also:

Stundenverdienst Mann – Stundenverdienst Frau / Stundenverdienst Mann*100

Der unbereinigte Gender Pay Gap beträgt also 18 %: Für jeden Euro, den ein Mann bekommt, bekommt eine Frau durchschnittlich 82 Cent.

Bei der Berechnung des bereinigten Gender Pay Gap wird der Teil des Verdienst­unterschieds herausgerechnet, der auf strukturelle Unterschiede zwischen den Geschlechtern zurück­zuführen ist, wie Unterschiede im Hinblick auf Beruf, Branche, Beschäftigungs­umfang, Karrierelevel. Die bereinigte Gender Pay Gap beträgt aktuell 7 %.

Doch was hat es mit diesen strukturellen Unterschieden auf sich?

Fakt ist:

  • Frauen arbeiten häufiger in schlecht(er) bezahlten Berufen (z. B. in der Pflege) und seltener in Führungspositionen (Gender Career Gap, Gender Promotion Gap)
  • Frauen arbeiten generell seltener als Männer (Gender Employment Gap)
  • Wenn Frauen arbeiten, dann viel häufiger in Teilzeit als Männer (Gender Hours Gap)

Der neu konzipierte Gender Gap Arbeitsmarkt berücksichtigt neben dem Gender Pay Gap auch Unterschiede in der bezahlten Arbeitszeit (Gender Hours Gap) und in der Erwerbstätigenquote (Gender Employment Gap) und erweitert so die Perspektive auf die Verdienstsituation von Frauen und Männern. Aktuell beläuft dieser sich auf 39 % – wir bekommen also nicht 18 % weniger, sondern bringen 39 % weniger Geld nach Hause, weil der Großteil unserer (Care-)Arbeit unbezahlt ist!

Was tun? Frauenruhetag!

Können wir Frauen nicht einfach sagen, sie sollen sich für besser bezahlte Jobs entscheiden, gefälligst (umfangreicher) arbeiten gehen und alles ist tutti?! Nein, denn es handelt sich um ein gesamtgesellschaftliches Problem.

Es ist fraglich, ob es für Frauen „besser bezahlte Jobs“ gibt, denn das Durchschnittsgehalt in einer Branche sinkt, sobald dort mehr als 60 % Frauen arbeiten.[1] Es scheint weniger an einzelnen Berufen/Branchen zu liegen, sondern vielmehr an der Wertschätzung weiblicher Arbeitskraft. In Studien konnte nachgewiesen werden, dass eine Feminisierung einzelner Berufe mit einer Abwertung und eine Maskulinisierung mit einer Aufwertung der Tätigkeiten verbunden war. So z. B. bei den Berufen  “Kellner”, “Friseur”, “Apotheker” und “Lehrer” geschehen.[2]

Das Versorgermodell (Frau bleibt zuhause (bei den Kindern), Mann arbeitet Vollzeit) wird immer noch steuerlich und auch teilweise gesellschaftlich begünstigt (Stichwort „Ehegattensplitting“, „Minijobs“, „Stay at Home Girlfriend“).

Frauen werden nach Familiengründung häufig in Teilzeit-Arbeit gedrängt, weil der restliche Teil ihrer Zeit unbezahlte Care-Arbeit einnimmt[3] und es auch steuerlich für die Familie mehr Sinn macht (siehe Gender Pay Gap!). Würden diese Frauen Vollzeit arbeiten gehen, wer will die Care Arbeit übernehmen, die dann liegen bleibt? Der Partner, der Vollzeit erwerbsarbeiten geht vielleicht?

Die Isländerinnen haben es am 24. Oktober 1975 gewagt, ihren Männern zu zeigen, wie eine Welt ohne kostenlose Care-Arbeit der Frauen aussieht. Was die Männer am sogenannten „Frauenruhetag“ sahen, gefiel ihnen ganz und gar nicht: Viele Männer erkannten wie anstrengend Hausarbeit und Kindererziehung doch sind und einige Väter sollen von ihrer Premiere als Hausmann noch Jahrzehnte später als der „lange Freitag“ gesprochen haben. Vielleicht wird es wieder mal Zeit für einen Frauenruhetag…? Was meint ihr? Wer ist dabei?

Silberstreif am Horizont

Doch es tut sich was! Wir sind keine Fans von Negativität und wollen zum Schluss den Blick auf das große Ganze richten und berichten, was gut läuft und Hoffnung gibt!

  • Das Bundesarbeitsgericht hat geurteilt, dass gleiches Gehalt keine Verhandlungssache sein darf –> gleicher Job, gleiche Bezahlung![4]
  • Island
  • Luxemburg hat es geschafft, seine Lohnlücke auf 1 % zu reduzieren, bravo!
  • Spanien hat eine ganze Reihe an begrüßenswerten Maßnahmen beschlossen: Freie Tage bei Menstruationsbeschwerden, Kostenlose Periodenprodukte in öffentlichen Räumen, Catcalling wird Strafttat, …
  • Auch Schottland versorgt Menschen mit Uterus mittlerweile mit kostenlosen Periodenprodukten im öffentlichen Raum

 

[1] Vgl. Murphy and Oesch, 2015: https://serval.unil.ch/resource/serval:BIB_394986C05943.P001/REF 

[2] https://www.derstandard.at/story/2000053750509/gender-pay-gap-berufswahl-keine-universalloesung

[3] Laut zweitem Gleichstellungsbericht des Familienministeriums (2018) verbringen Frauen täglich durchschnittlich 5 h und 18 Min. mit Care-Arbeit, Männer hingegen nur 2h 18 Min. Der Gender Care Gap ist somit mitverantwortlich für viele andere Gaps. Mit der App CareRechner kann man ausrechnen, wieviel geleistete Care Arbeit wert ist und wie sie entlohnt werden müsste. Ideal geeignet als Diskussionsgrundlage für die Partnerschaft: https://alltagsfeminismus.de/carerechner/

[4] Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. Februar 2023 – 8 AZR 450/21 

 

 

 

 

 

 
Previous Article
Next Article

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert