3f liest – Book Review “Invisible Women”

Dass die Gleichberechtigung der Geschlechter an vielen Stellen noch Lücken hat, ist unbestreitbar, aber im Alltag wird das gerne schnell verdrängt (zumindest in Ländern wie Deutschland, wo die Lücken vergleichsweise kleiner sind als in so manch anderem Land). Eine Welt, gemacht von Männern für Männer. Caroline Criado Perez beschreibt in Invisible Women (deutscher Titel: Unsichtbare Frauen) ganz ausführlich und ohne zu beschönigen eine Ungerechtigkeit nach der nächsten. Gender Pay Gap, Pension Pay Gap etc. sind nichts neues, aber wusstest du, dass die Temperatur in Büroräumen auf die Körpertemperatur von Männern ausgerichtet ist?

Kapitel für Kapitel legt Perez die Lage dar und der Berg an Gaps und Ungleichheiten, den man sich vorher vielleicht eher als Hügel vorgestellt hatte, wird immer größer und größer.

Ein wahrhaftig augenöffnendes Buch!

Was Claudia denkt…

Invisible Women ist ein unglaublich frustrierendes Buch, das auf diverse Missstände weltweit hinweist. Dabei wird deutlich, dass in einer datengetriebenen Welt sämtliche Aspekte, über die wir keine Daten erfassen, untergehen. Hierzu zählt häufig eben auch die (unbezahlte) Arbeit von Frauen und ihre Lebensrealitäten; auch, weil die Entscheider häufig männlich sind.

Das Buch liest sich sehr verständlich, ist aber dennoch so voll mit Zahlen, dass ich manche Passagen mehrfach lesen musste, um alles zu verstehen und zu behalten. Die Autorin macht häufig ihrem eigenen Frust Lust, was erheiternde Ausbrüche darstellt und gleichzeitig uns als Leserin das Gefühl gibt, nicht alleine zu sein mit dem Datenberg und den daraus resultierenden Emotionen – Frust, Verwirrung, Resignation…

Würdest du das Buch nochmal lesen?

Ich habe das Buch bereits zum zweiten Mal gelesen! Beim zweiten Durchlauf konnte ich mir diverse Aspekte besser merken und nochmal anders verarbeiten. Das Buch ist so vollgepackt mit wertvollen Informationen, dass es sich definitiv lohn, es mehrmals zu lesen oder als Nachschlagewerk im Regal stehen zu haben.

Würdest du das Buch weiterempfehlen?

Unbedingt! Jede Person, die bereit ist, sich mit der ungeschönten (Zahlen-)Wahrheit auseinanderzusetzen, sollte dieses Buch lesen. Allerdings Achtung: Es macht keinen Spaß und birgt ein hohes Frustrationspotenzial.

Was Isabel denkt…

Ganz ehrlich: das Buch lässt mich ratlos, verzweifelt und wütend zurück! Aber wie sagt man so schön? Don’t kill the messenger! Ich bin sehr froh, dass Caroline Criado Perez sich die große Mühe gemacht hat, viele viele kleine und größere Mosaikteile zusammenzutragen und auszuwerten, um uns einen unverstellten und realistischen Blick auf den aktuellen Stand der Gleichberechtigung der Geschlechter weltweit zu geben. Und es sieht nicht gut aus!

Ich beschäftige mich schon länger intensiv mit den Themen Gleichberechtigung und Feminismus, aber dass es so schlimm ist, war selbst mir nicht bewusst. Ich bin sogar teilweise über mich selbst erschrocken, wie “blind“ ich manche Sachverhalte als „gegeben“ ansehe und gar nicht verstehe, dass vieles daher rührt, dass genderneutral oft mit „männlich“ gleichgesetzt wird. Die Autorin macht die Belange und Probleme von Frauen sichtbar, die schlichtweg übersehen und/oder vergessen werden. Mein Blick dafür ist nun auf jeden Fall geschärft.

Würdest du das Buch nochmal lesen?

Ich denke ja, aber aktuell brauche ich erstmal eine Pause davon. Das muss erstmal alles sacken! Aber ich werde wohl künftig sehr oft auf die umfangreichen Quellen und Referenzen (insgesamt 69 Seiten!) zurückgreifen, die das Buch uns liefert.

Würdest du das Buch weiterempfehlen?

Ja, aber mit Einschränkung. Das Buch oder Auszüge daraus sollten mMn Standardlektüre in jeder Schule werden. Und am liebsten würde ich allen Politikern auf der Stelle ein Exemplar schicken. Ich würde allerdings gerne eine „Triggerwarnung“ aussprechen. Die Leserin sollte sich wirklich bereit fühlen, die Fülle an ernüchternden bis erschütternden Informationen zur Lage der Frauen weltweit zu verdauen. Nicht immer leicht!

Was Joanna denkt…

Ich muss ganz ehrlich zugeben, dass ich normal eher Romane oder Fantasy-Bücher lese und nur selten wissenschaftliche Bücher (abgesehen für die Uni natürlich). Invisible Women ist aber tatsächlich ein Buch, das ich in der Buchhandlung schon mehrmals in der Hand hatte. Umso größer war meine Freunde als feststand, dass wir es im Rahmen unseres 3f Buchclubs lesen würden.

Auch wenn das Buch in Teilen echt anstrengend zu lesen war, auf Grund der Mengen an Daten und Fakten mit denen Frau bombardiert wird, fand ich es richtig spannend. Beim Lesen von Invisible Women hatte ich, trotz der ganzen Fakten, nie das Gefühl ein trockenes Sachbuch zu lesen. Perez‘ Schreibstil erinnert an ein Gespräch mit einer guten Freundin, die dir von ihren ganzen neuen Erkenntnissen erzählt und sich gemeinsam mit dir darüber aufregt.

Würdest du das Buch nochmal lesen?

Ich denke, dass ich das Buch vor allem zum Nachschlagen in meinem Regal behalten werde und vielleicht einzelne Kapitel zwischendurch nochmal lese, um die ganzen Details, die genannt werden, besser zu verinnerlichen. Am Stück werde ich es eher nicht noch einmal lesen, da es super überwältigend ist.

Würdest du das Buch weiterempfehlen?

Ich kann das Buch definitiv empfehlen und freue mich sehr, dass ich es auf Englisch gekauft habe, da es so in meinem Freundeskreis in Glasgow die Runde machen kann. Ich werde das Buch aber definitiv mit dem Hinweis weitergeben, dass es nur in kleineren Stücken zu genießen ist.

 
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4 Replies to “3f liest – Book Review “Invisible Women””

  1. Gisela Bergenthal

    Dieses Buch hat mich auch so wütend gemacht und so hilflos und teilweise ist es schwierig, nicht zu verzweifeln an der Tatsache, das ich ja praktisch gar nichts ändern kann.
    Aber wenn wir nicht mal Bescheid wissen, werden wir schon gar nichts ändern, auch alle zusammen nicht.
    Liebe Grüße

    • Claudia, Female Finance Forum

      Liebe Gisela,
      ja, so ging es uns auch. Aber verzweifeln bringt nichts; Wissen ist Macht! Also: Weiter machen! 😉
      Herzliche Grüße
      Claudia

  2. Maria-Luise Rodenkirchen

    Liebes 3f-Team,
    ja, das Buch habe ich auch schon verschenkt.
    Ich möchte gerne hier den Artikel der SZ empfehlen, da dort eine Kritik zum Buch gegeben ist, die beachtenswert ist. Nämlich, dass nicht-binäre und trans-Menschen keine Berücksichtigung finden. Ich selbst gehöre dazu nicht, finde aber die Kritik nachvollziehbar in unserer heutigen Zeit. Daher hier den Link:
    https://www.sueddeutsche.de/kultur/sachbuch-unsichtbare-frauen-1.4852138
    Ich möchte nochmals hier schreiben, dass ich diese Rubrik sehr lesenswert finde. Weiter so.
    Viele Grüße
    Maria-Luise Rodenkirchen

    • Claudia, Female Finance Forum

      Liebe Maria-Luise,
      vielen Dank für deinen wertvollen Kommentar!
      Ich sehe das genauso: Es fehlen Daten. Gleichzeitig finde ich, dass die Autorin darauf häufig hinweist: Dass wir nicht einmal für die (sehr große Gruppe) Frauen ausreichend Daten haben; für andere, kleinere Untergruppen noch viel weniger.
      Danke für dein Kompliment – schön, dass dir dieses Format gefällt!
      Viele Grüße
      Claudia

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