Alleinsein hat seinen Preis – Die “Single Tax” und ihre Folgen
Du kommst von der Arbeit nach Hause und kannst endlich entspannen, ohne Kompromisse eingehen zu müssen. Klingt gut, oder? Doch als Single zahlst du oft einen hohen Preis für deine Unabhängigkeit.
Alleine wohnen: der (Alb-)Traum?
Du hast es sicher schon gemerkt: Als Single zahlst du oft mehr für fast alles. Ob Miete, Versicherungen oder sogar Lebensmittel – die Kosten teilen sich einfach nicht so gut auf wie in einem Haushalt mit mehreren Personen. Es gibt zwar keine offizielle Steuer auf das Alleinsein, aber in der Realität sieht das anders aus:
Beispiel für eine Single Tax in der UK, 2023:
Hierzulande haben wir keine Daten zu unserer Single Tax. Fest steht aber, dass immer mehr Menschen in Einzelhaushalten wohnen; in Deutschland, aber auch in der gesamten EU.[1] 17 Millionen Menschen leben in Deutschland alleine, das heißt: Miete alleine zahlen, Nebenkosten alleine zahlen, Abos alleine zahlen, Hotelzimmer, Autokosten und und und (für Alleinerziehende summiert sich das natürlich noch stärker!).[2]
Die tatsächliche „Single Tax“ im Steuersystem 🫣
Sie Steuerbelastung in den OECD Ländern liegt im Durchschnitt für ein verheiratetes Paar bei 14,2 % – bei einer ledigen Person bei 24,9 %. Und nun halte dich fest! In Deutschland liegen wir bei 19,7 % für Verheiratete und bei ganzen 37,4 % für Singles![3]
Warum gibt’s diese Ungerechtigkeit?
- Gesellschaftliche Normen: Newsflash: wir leben in einem Patriarchat, in dem Singlesein nicht gefeiert wird. Schließlich geht’s ja um die Reproduktion. 😉 Somit ist unsere Gesellschaft ist stark auf Familien und somit auch Paare ausgerichtet. Singles fallen dabei gerne mal hintenüber…
- Wirtschaftliche Effizienz: Wenn du dir eine Wohnung teilst, sinken die Kosten pro Person – Ressourcenteilung also. Unternehmen nutzen das und bieten oft das teurere Produkt für Paare, aber mit besseren Konditionen pro Person an.
Die Folgen der Single Tax
Die “Single Tax” hat viele, häufig belastende Auswirkungen…
- Finanzielle Abhängigkeit: Die drohenden finanziellen Belastungen als Single und die Krisen der letzten Jahre machen es schwer, alles alleine zu stemmen. Das kann die Entscheidungsfreiheit in einer Beziehung schnell einschränken: Du musst es dir schließlich leisten können, deine Partnerin* zu verlassen.
- Finanzielle Nachteile: Die höheren Kosten können zu finanziellen Engpässen führen und so langfristig auch das Risiko von Altersarmut erhöhen. Die Zahlen zeigen es bereits: Alleinstehende Menschen haben ein deutlich erhöhtes Armutsrisiko.
- Gesellschaftliche Ungleichheiten: Die “Single Tax” verstärkt bestehende soziale Ungleichheiten und kann dazu führen, dass Singles von bestimmten Angeboten ausgeschlossen werden.
- Stigmatisierung: Singles fühlen sich oft stigmatisiert und unter Druck gesetzt, eine Partnerin zu finden.
- Dauerhafte Doppelbelastung: Aufgabenteilung funktioniert nur, wenn es auch eine andere Person im Haushalt gibt. Viele Singles arbeiten Vollzeit und müssen sich auch um ihren Haushalt/Familie kümmern. Paare können sich diese Belastung aufteilen.
Was kannst du tun?
Natürlich kannst du nicht die gesamte Wirtschaft umkrempeln, aber es gibt einige Dinge, die du selbst tun kannst:
- Kosten teilen: Ziehe in eine Wohngemeinschaft oder nutze alternative Wohnformen. Du kannst z. B. auch ein Zimmer für Pendlerinnen zeitweise untervermieten – so teilst du zwar die Wohnung, aber bist am Wochenende wieder alleine. Das gilt natürlich nicht nur für die eigene Wohnung, sondern auch für Urlaubsunterkünfte, Auto, Bohrmaschine…
- Clever planen: Du kannst dich mit Nachbarinnen, Freundinnen oder sogar Kolleginnen zusammenschließen – z. B. wenn es um Großbestellungen oder Zeitschriften-Abos geht! Du kannst auch einen Aufstrichzirkel (jede Woche bringt jemand anderes selbstgemachte Aufstriche für alle mit) organisieren oder einen gemeinsamen Kochabend planen.
- Bewusst konsumieren: Vergleiche Preise, nutze Rabattaktionen und kaufe nur das, was du wirklich brauchst.
Aber es braucht mehr!
Damit sich die Situation für Singles verbessert, müssen auch politische und gesellschaftliche Veränderungen stattfinden:
- Steuerliche Anpassungen: Singles sollten steuerlich nicht benachteiligt werden – es wird Zeit für eine neutrale Besteuerung. Dabei sollte nicht an der Unterstützung für Kinder gespart werden, sondern lediglich an der steuerlichen Bevorzugung der Ehe.
- Inklusive Angebote: Unternehmen sollten mehr Angebote entwickeln, die auch für Singles attraktiv sind (z. B. Einzelzimmer in Hotels).
- Bewusstseinsbildung: Es ist wichtig, ein Bewusstsein für die Problematik der “Single Tax” zu schaffen und gesellschaftliche Normen zu verändern. Der erste Schritt dorthin: über das Thema reden!
Die “Single Tax” ist ein ernst zu nehmendes Problem – achte darauf, dass du immer auf finanziell eigenen Beinen stehst, falls du irgendwann die „Single Tax“ bezahlen musst!
[1] Household composition statistics – Statistics Explained
[2] Einpersonenhaushalte in Deutschland bis 2023 | Statista
[3] Taxing Wages: Key findings for Germany
* Wegen der besseren Lesbarkeit benutzen wir nur die weibliche Form. Alle Menschen sind explizit mitgemeint.
Tags: Finanzen, Frauen, Freiheit, Geld, Motivation, Sparen, Steuer, Wohnen
Schöner Beitrag, leider wird auch hier die Vorstellung vom zusammen wohnenden Paares reproduziert. Dem Teil, was zu tun ist, stimme ich jedoch voll zu 🙂
Du hast recht – die allein lebenden Menschen in Beziehung sind quasi eine Mischung: Sie haben die hohen Fixkosten und Steuern, können sich aber ggf. bei Urlauben oder anderen größeren Ausgaben die Kosten teilen (ebenso wie Freundinnen, die gemeinsam in Urlaub fahren etc.).
Danke für die Ergänzung und Perspektive! 🙂
Danke für diesen Beitrag! PLUS den Hinweis, dass es für Menschen alleine MIT Kindern noch bescheidener ist.
Ich hab das schon manches Mal gedacht, wenn ich (notgedrungen) alleine unterwegs gewesen bin, da verlassen worden und niemand Bock auf das, was ich möchte oder Zeit oder Geld (alleine für sich dann noch zusätzlich zu Familien oder Paardingen): Als Single in Deutschland ist man echt benachteiligt. Rabatte, Aktionen, Arrangements in Hotels, Restaurants usw.: immer mindestens zwei Personen, Doppelzimmer, zwei Gerichte, bla blub bla. Ausgrenzung, Nichtbeachtung, Mehrkosten plus die Ernüchterung und Erkenntnis wieder mal noch zusätzlich, dass ich keinen habe, kein Paar mehr bin und zwangsweise kein Paar mehr. Das ist wirklich belastend auch noch zusätzlich, weil: dann will man mal, endlich, wieder, kriegt den Hintern hoch und… Rundum Paare… Familien… Weil das mehr sind gefühlt.
Und das eben nicht nur an Weihnachten, zu Feiertagen oder Silvester, sondern grundsätzlich. Die Frage: Warten Sie noch auf jemanden? Ist dabei dann noch die freundlichste Variante statt “Was, Sie sind alleine da?”, was mir auch schon begegnet ist. 🤷♀️😔 Ich wills nicht sein und bins doch. Notgedrungen, weil alleine verantwortlich für zwei Kinder plus Pflegejob wg. chronischer Krankheiten der einen und Pflegegrad 3. Und dann will man mal – und stößt dann eben halt auf sowas. Frustration beim Gutschein-Buch hier für unsere Region. Familie. Ein-Eltern – Familien gibt’s genauso wenig wie Dinge für einen nur alleine. Unter einer Hand an Angeboten gab’s im vergangenen Jahr, ich habe es nachgezählt und die Angebote für 50% Rabatt für ein Frühstück mal “nur” allein für sich völlig abgefeiert.
Schrecklich, diese Einstellung, ich zähle die Tage bis ich umziehen kann, um mir nicht mehr so bescheuert vorzukommen. 🤷♀️🤷♀️🤷♀️
Liebe Sandra,
vielen Dank für deine Einblicke! Es tut mir leid zu hören, dass deine Situation so anstrengend ist. Es ist frustrierend, sich immer ungerecht behandelt zu fühlen. Ich wünsche dir, dass sich bald etwas daran ändert und du ein wenig entspannen kannst!
Herzliche Grüße, Claudia