Die Macht der Platzierung: das Peter- und Petra-Prinzip

Die Arbeitswelt mit ihren gläsernen Decken, geheimen Netzwerken und hidden rules kann einem manchmal Rätsel aufgeben. Wahrscheinlich hat sich jede von uns schon mal wegen einer Stellenbesetzung gewundert, weil besagte Person augenscheinlich ziemlich fehl am Platz zu sein scheint. Zum Beispiel der versierte aber eigenbrödlerische Techniker, der plötzlich ein großes Team leiten soll.

In diesem Blogbeitrag gehen wir einer möglichen Erklärung für dieses Phänomen auf den Grund. Wir werden über die Macht der Positionierung sprechen und klären, warum die ehrliche Frage “Bin ich überfordert?” keine Schande ist, sondern eine wichtige und richtige Frage sein sollte auf dem Weg zu einer erfüllenden Karriere.

Beförderungen und ihre Auswirkungen

Beförderungen sind super und können die verdiente Belohnung für hochwertige und zuverlässige Arbeit sein. Manchmal sind sie aber eher Mittel zum Zweck und keine fachlich und/oder personell logische Konsequenz.

Aber der Reihe nach: Männer sind im Gegensatz zu Frauen viel häufiger in Vollzeit berufstätig: 2018 waren 88,8 % der berufstätigen Männer in Vollzeit tätig, während es bei den berufstätigen Frauen nur 52,1 %[1]. Männer sind also nicht nur fast doppelt so häufig in Vollzeit tätig, es wird auch unisono begrüßt, wenn sie ambitioniert und Karriere-orientiert agieren und auftreten. So etwas muss natürlich zu gegebener Zeit auch belohnt werden, zum Beispiel mit einer Beförderung. Glänzen Frauen mit einer ähnlich ambitionierten Arbeitsmoral, findet dieses Verhalten oft weniger Würdigung und sie müssen sich als „herrisch“, „unweiblich“ oder schlicht „überambitioniert“ betiteln lassen. Dieser geschlechterspezifische Unterschied kann dazu führen, dass meist Männer bis in die Inkompetenz hinein befördert werden, während Frauen bereits vor Erreichen ihrer individuellen Kompetenzgrenze am Aufsteigen in höhere Positionen gehindert werden. So kommt es vor allem in stark hierarchischen Organisationen vor, dass die meisten Mitarbeitenden irgendwann einen inkompetenten Vorgesetzen vor der Nase haben. Aber wie kommt es dazu? Gilt denn nicht, die beste Person für den Job setzt sich durch? In einer Welt, die nicht nach patriarchalen Strukturen funktioniert, könnte das durchaus gelingen, aber Peter und Petra sagen leider etwas anderes…

Peter und Petra who?

Das Peter-Prinzip (und das später davon abgewandelte Petra-Prinzip) geht auf die Autoren Laurence J. Peter und Raymond Hull und ihr Buch The Peter Principle (1969) zurück. Die beiden Autoren beobachteten, dass in hierarchischen Organisationen Mitarbeitende oft solange befördert werden, bis sie ihre individuelle Kompetenzgrenze erreichen und sogar überschreiten. Anders ausgedrückt: Jemand, der in seiner aktuellen Position gut ist, wird befördert, bis diese Person auf einer Stelle landet, für die sie nicht mehr (ausreichend) qualifiziert ist. Der Zenit ihrer Kompetenz wurde also überschritten. Solche Entscheidungen werden aber selten rückgängig gemacht und es kommt durchaus vor, dass diese Personen bis zum Ruhestand auf ihrer Position verharren. Die Folgen dieser Fehlentscheidungen kompensieren dann oft andere, vor allem weibliche Mitarbeitende, die auf der Karriereleiter zwar weiter unten angesiedelt sind, deren Kompetenz und Leistung sie aber befähigt, das entstandene Vakuum zu füllen. Aus dem “Peter-Prinzip” wurde informell das „Petra-Prinzip“ abgeleitet, welches in Anlehnung an die Beobachtungen zum „Peter-Prinzip“ auf die geschlechtsspezifischen Aspekte der Karriereentwicklung hinweisen will. Petra ist also das Pendant zu Peter, welche stets unter ihren Möglichkeiten bleibt, da Strukturen, wie u. a. das Peter-Prinzip, sie daran hindert, überhaupt bis zu ihrer maximalen Kompetenzgrenze aufzusteigen. Und sie fängt – meist in geringerem Stundenumfang und für schlechtere Bezahlung (Stichworte Gender Pay Gap und Teilzeitbeschäftigung) – die Folgen der inkompetenten Peters auf.

Was kann man dagegen tun?

Kommunikation ist auch hier der Schlüssel. Das Einführen und Kommunizieren von objektiven Kriterien für Qualität und das Fördern einer ausgeprägten Feedbackkultur zwischen Mitarbeiterinnen und Vorgesetzten kann helfen, frühzeitig zu erkennen, ob eine Person ihrer neuen/aktuellen Rolle gerecht werden kann. Auch gezielte Trainings für Führungskräfte können dem Peter- und Petra-Prinzip entgegenwirken. Gerne auch mal mit den Kolleginnen im Team offen darüber sprechen und gemeinsam die eigenen unternehmensinternen Strukturen unter die Lupe nehmen. In einem zweiten Schritt können dann mögliche Lösungsansätze und Auswege gesucht werden. Für mehr Petras bzw. qualifizierte Personen in Führungspositionen!

 

 

[1] https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/soziale-situation-in-deutschland/61705/voll-und-teilzeitbeschaeftigte/

 

 

 

 
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One Reply to “Die Macht der Platzierung: das Peter- und Petra-Prinzip”

  1. Jutta

    Ich habe mal einen deutschen CEO erlebt, der ausdrücklich erwähnt hat, er glaube an das Peter-Prinzip. Das liess die Zuhörerschaft verwundert zurück: fühlte es sich zu noch höheren berufen oder meinte er es ernst? Ich schloss auf das erstere aufgrund seiner Persönlichkeit. Er blieb dann auch in Deutschland umgegeben von vielen Petras.

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